Donnerstag, 29. November 2012

Mach mir den Hengst.

Triathleten sind ja meist sehr polisportiv veranlagt, was das Interesse an passiven Sportarten angeht. Ich persönlich kenne aber keinen, der bekenneder Anhänger des Pferderennsports ist. Ab und an lohnt es sich aber dennoch, etwas über den Gartenzaun zu blicken - besonders wenn es sich um ein Jahrhundertereignis handelt.

Ich spreche von Frankel, einem Ausnahmehengst, der während seiner rund dreijährigen Aktivzeit als Galopper in allen 14 Rennen ungeschlagen blieb und insgesamt fast 3 Millionen Pfund zusammengaloppiert hat. Galileo ist sein Vater, Saddler's Wells sein Grossvater und Northern Dancer sein Urgrossvater. Nun, mir als Laien sagen diese Namen nichts - aber es waren wohl alle irrsinnig erflogreiche Rennpferde. Interessant ist, dass ein Decksprung des Urgrossvaters 1 Million US$ gekostet hat.

Nun, Frenkel ist also quasi von Royalem Blut und ein Nachkomme einer hochkarätigen Zuchtlinie. Und als solcher ist er selbst für die Zucht ein königlicher Hengst, bei dem die Stuten, oder besser die Züchter, nun Schlange stehen. Anstatt zukünftig auf Turf im Kreis herumzurennen, wird der Gute nun also Stuten decken. Und dazu bekommt er nun potenzfördernde Nahrung und darf jeden Tag mit seinem Pfleger 10 km spazieren gehen.

Am 14. Februar 2013 wird es soweit sein - sinnigerweise am Valentinstag. Dann wird er die erste von 100 handverlesene Edelstuten decken. Einige werden über 17'000 km weit reisen für ein Schäferminütchen mit dem edlen Samenspender. Insgesamt waren rund 250 Anfragen eingegangen.

Wer nun denkt, dass dies ein wohlverdienter Ruhestand für ein honoriges Pferd wäre, hat sich gewaltig getäuscht. Frenkel muss nämlich drei Mal pro Tag ran: 8.30 Uhr morgens, 15 Uhr am Nachmittag und 21.30 Uhr abends. Dabei wird es ihm an nichts fehlen und er wird wohl auch das eine oder andere Extramöhrchen bekommen.

Richtig fett hingegen wird die Brieftasche seines Besitzers Prinz Khalid Abdullah werden. Pro erfolgreichen Deckprung (will heissen: das Fohlen wird lebend geboren) kassiert er 190'000 US$. Macht dann also insgesamt 19 Millionen US$ - 30 Stuten aus seinem eigenen Stall lässt er ebenfalls noch bespringen. Könnte ja ein neuer Frankel darunter sein.

Im Frühjahr werden dann die ersten Fohlen geboren und zwei Jahre später werden die ersten Nachkommen auf der Rennbahn zu sehen sein. So wird es bis Ende 2016 dauern, bis die Züchter wissen werden, ob sich ihre Investition gelohnt hat.

Ob Frankel das alles gefällt entzieht sich meiner Kenntnis. Ich denke, niemand hat ihn je gefragt.

Wenn man sich also etwas näher mit der Pferdezucht befasst, insbesondere derer edler Rennpferde, fragt man sich da nicht automatisch: Wieso gibt es keine Athletenzucht? Ich meine, es wäre doch verlockend, wenn z.B. Usain Bolt nach Abschluss, oder vielleicht noch besser auf dem Höhepunkt seiner Karriere quasi in die Zucht ging. Wer weiss, vielleicht ist er ja das Produkt einer geheimen Sprinterzucht auf Jamaica. So, wie die da rennen, ist so eine Vermutung doch nicht einfach von der Hand zu weisen.

Man stelle sich vor: Macca wird mit Chrissie Wellington gekreuzt, Craig Alexander mit Leanda Cave. Bei Caroline Steffen und David Dellow wird das wohl in absehbarer Zeit von alleine passieren ;-)! Gäbe das nicht Offspring mit Gewaltspotential?

Na ja, wohl kaum. Denn die Linie des Stammbaumes muss schon recht lang sein und welcher "Züchter " hat schon den Nerv, über 20 Jahre zu warten - bei jeder neuen Generation? Ist denn also wohl nichts, obwohl, bei diesen Deckgebühren ... mmhhh, ist doch irgendwie verlockend .... ok, blöde Idee, lassen wir das.


Montag, 26. November 2012

Die Sache mit dem Füdli.

So, die erste Woche im neuen Trainingszyklus liegt hinter mir. Eigentlich wollte ich schreiben "die erste Woche auf dem Weg nach Kona 2017", aber wie blöd wäre das wohl, wenn ich nun alles im Hinblick auf ein Ziel in fünf Jahre kommentiere? Ziemlich blöd!

Darum keine Angst, ich werde weder heute noch in Zukunft in eine emotionale, theatralische und tendenziell übertriebene Form der Artikulation - auch Pathos genannt - verfallen, wenn es um die Schilderung meiner sportlichen Errungenschaften auf meiner Reise geht. Besonders dann nicht, wenn es lediglich um mein Füdli und das sonntägliche Erlebnis rund um dieses Körperteil geht.

Pardon, Füdli ist natürlich in der von wissenschaftlich anatomischen Begrifflichkeiten überschwemmten, modernen Triathlosprache schon für sich ein Unwort. Sprechen wir also vom Gluteus, dem Gesässmuskel, der sich wiederum in den Gluteus Maximus, Medius und Minimus unterteilt. Aber Schwamm drüber, Gluteus reicht ja völlig. Dieser Muskel spielt also heute die Hauptrolle, und wer nun findet, das ginge ihm am Arsch vorbei, dem sage ich an dieser Stelle "Adjeu" und hoffe, er möge doch wieder hereinschauen, später einmal.

Nun denn, in meinem Trainingsplan stand am Sonntag: Long Hike Day - so etwas wie "langer Wandertag". Ja, ihr habt schon richtig gelesen, Wandertag, und nicht etwa Low Intensity Base Run. Manch ein Triathlet wäre wohl schon bei diesem Einheiten-Titel in schiere Panik verfallen, denn Triathleten rennen doch und wandern nicht. Ist unter der Ehre, geht gar nicht.

Weil es ja nichts bringt mit einem Coach zusammen zu arbeiten und dann doch nicht zu machen, was er sagt, ging ich also wandern. Nicht nur, denn ich liebe es, das möchte ich fürs Protokoll doch noch festhalten. Bewaffnet mit Trekking Schuhen (nein, keine Wanderschuhe, weil ich ja nicht ins Hochgebirge ging) und Nordic Walking Stöcken gings los. Zügig selbstverständlich, so mit 9:20 Min./km.

So durchkämmte ich die spätherbstlichen Wälder immer auf der Suche nach der nächsten steilen Rampe. Denn auch wenn Wandern draufsteht kann am Schluss etwas sportlich Wertvolles dabei herauskommen.

Für einmal ging es also nicht ums Anfersen und den Kniehub, sondern um den dynamischen Fussabdruck, aktive Armarbeit und die korrekte Körperhaltung.

So, kommen wir nun wieder zurück zum eigentlichen Kern: dem Gluteus. Dieser ist nicht nur der grösste Muskel in unserem ganzen Körper, sondern bestimmt auch die Laufleistung ganz wesentlich. Spätestens wenn man sich zum Beispiel diesen Gluteus einmal näher betrachtet, weiss man, wieso Serana Williams so pfeilschnell auf dem Tennisplatz unterwegs ist. Wobei sie ihn wohl kaum mit Wandern trainiert.

Zurück zu meinem Allerwertesten, äh, eben Gluteus. Dieser wurde gestern in seiner ganzen Ausdehnung prächtig gefordert. So prächtig, dass ich heute Morgen einmal mehr mit einem satten Muskelkater aufgewacht bin. Hallo, ich bin doch ein Ironman und wo steht, dass Ironman vom Wandern einen Muskelkater bekommen?

Nein, ich falle nicht zurück in die post off-season depression, im Gegenteil. Ist doch grossartig. Wer sagt denn, dass man immer wie ein gehetzter Waldaffe in der Gegend herumrennen muss? Ich gehe jetzt erst mal Wandern. Und sollte mich das in der nächsten Saison dorthin bringen, wo ich es mir erhoffe, dann schreibe ich einen Wanderführer für Triathleten. Versprochen!

Mittwoch, 21. November 2012

Post off-season depression.

Wer Ausdauersport betreibt kennt die Leere nach dem Wettkampf, egal ob Ironman, Marathon oder sonstige Ultra-Events. Das Ziel, auf das man wochen- oder gar monatelang hingearbeitet hatte, ist erreicht und von einer Sekunde auf die andere schwebt man ziel- und orientierungslos im Kosmos.

Weil wir Ausdauersportler aber sowohl mit dem schwebenden Zustand (Ausnahme: der Flow im Wettkampf) als auch mit der Ziel- und Orientierungslosigkeit hoffnungslos überfordert sind, beenden wir all dies in der Regel entweder mit einer Anmeldung für eine neue Herausforderung oder mit zu kurzen Erholungsphasen ... oder mit kurzfristigen Panikteilnahmen an sich in Hülle und Fülle anbietenden ausserplanmässigen Wettkämpfen.

Gerade in der Triathlonszene sind die dutzenden Herbstläufe äusserst beliebt. Da rennen sie dann wie die wahnsinnigen um Seen, durch Altstädte oder sogar die Berge hinauf. Bei Kälte, Nässe, Schnee oder Dunkelheit. Das nennt man dann "Arbeiten am Laufdefizit". Über Sinn oder Unsinn möchte ich mich aber hier nicht aufhalten - schliesslich wurde ich ja in der Vergangenheit auch oft an solchen Anlässen gesichtet.

Meine heutigen Ausführungen drehen sich um die post off-season depression, welche sich gerade wie der zähe Herbstnebel über mich gelegt hat und sich wohl die nächsten Tage auch kaum auflösen wird.

Meine off-season dauerte dieses Mal genau fünf Wochen. In den vergangenen zwei Jahren waren es jeweils nur zwei, vor allem auch darum, weil ich noch späte Ironmans bestritt (Arizona und Cozumel). Und da wollte ich zu Weihnachten hin schon wieder einigermassen fit sein, damit ich die Feiertage gut zu Trainingszwecken missbrauchen konnte.

Während diesen fünf Wochen bewegte ich mich hin und wieder etwas. Will heissen: 30 Minuten locker bädelen, 40 Minuten jöggelen oder ein paar Kilometer auf dem Velo. Aber auch viele Tage mit no sports! In dieser Zeit fiel auch die Entscheidung, wieder mit einem Coach zusammen zu arbeiten: Kristian Manietta von TriSpecific war erste Wahl und er nahm mich erfreulicherweise in sein Programm persönlich betreuter Athleten auf. Selbstverständlich wohnt er nicht gleich um die Ecke, etwas weiter weg, in Australien. Wenn schon, denn schon.

So erhielt ich pünktlich auf meinen Trainingsstart am letzten Montag meinen ersten Plan, ca. 9:30 Std. swim, bike, run, 2 x Rumpfkraft und 4-5 Std. Wandern am Sonntag. Selbstverständlich ging mir bei Durchsicht des Planes der eingebrannte Standardgedanke durch den Kopf: ganz schön wenig.

Heute Mittwoch bin ich wieder einmal geläutert, etwas ernüchtert und vielleicht auch etwas depressiv. Die Erinnerung an das Gefühl der Unbesiegbarkeit während den Tagen auf Hawaii ist noch zu lebendig. Alle Systeme auf go, die Form im oberen drittel der Messskala, Beine und Arme stark und bereit Kilometer zu fressen.

Fünf Einheiten sind absolviert und es gibt wohl kaum eine Stelle in meinem Körper, die nicht schmerzt. Besonderen Schaden angerichtet hat einmal mehr das Kraft- und Rumpfprogramm. Dabei habe ich nicht eine Hantel angefasst und lediglich mit dem Körpergewicht und teilweise mit dem Physioball gearbeitet. Beim Schwimmen fallen mir die Arme ab, bevor der imaginäre Wendepunkt auf der Ironmanstrecke erreicht ist. Und beim Laufen scheinen die Füsse in Wanderschuhen zu stecken und nicht in den leichten, schnellen Tretern.

Aber Hilfe naht: das Langzeitgedächtnis liefert prompt Informationen aus der Vergangenheit, welche mit dem eben Erlebten absolut kongruent sind. Und so macht sich die Erkenntnis breit, dass es jedes Jahr dasselbe ist mit dem Trainingsanfang. Weit wichtiger jedoch ist die Information, dass sich die post off-season depression zusammen mit allen Begleiterscheinungen in der Regel bereits nach einer Woche wieder verabschiedet. Gott sei Dank!

Montag, 19. November 2012

Time is on my side.

Kaum zu glauben, aber diese Bilder sind nun schon etwas über fünf Wochen alt. In meinem Kopf sind sie zwar immer noch recht lebendig, aber dennoch legt sich ganz langsam ein Schleier über sie. Aber mit nur einem kurzen Blick auf das Video kommen die ganzen Emotionen wieder hoch. Grossartig.


Das Zurückkommen war nicht einfach. Der Jetlag legte mich fast zwei Wochen lang flach. Mein Kopf war immer noch in Kona. Fast jede Nacht träumte ich, ich wäre immer noch dort. Du Lust auf Bewegung war entsprechend klein. Aber die Post Ironman Depression blieb aus, denn ich war ja definitiv am Ende meiner vier Jahre dauernden Reise angekommen.

So war es ein leichtes, meinem Körper die wohlverdiente Ruhe zu geben. Es zeigte sich schnell, dass eine fünfwöchige Trainingspause - oder wohl besser off-season - keineswegs zu lang sein würde. Im Gegenteil, alle Systeme freuten sich, endlich einmal abschalten zu können. So blieb es denn bei gelegentlichen kurzen, lockeren Bewegungsmomenten - manchmal auch so wenig wie das Umblättern von Seiten im spannenden Buch.

Aber es stellte sich natürlich die Frage, wie es denn jetzt weitergehen sollte? Ich merkte schnell, dass ich mehr brauche, als einfach eine neue Saison zu planen. Ok, Iroman Austria ist gesetzt und der Wunsch nach einer Rückkehr auf Big Island latent vorhanden. Was aber ist die Vision? Quo vadis?

Dann machten sich erste erschreckend kühne Gedanken breit. Einen Ironman zu gewinnen war bei weitem nicht der kühnste. Dieser erschreckte mich und ich scheuchte ihn auch gleich wieder weg - mit dem Gedanken: hör auf zu spinnen! Aber er kam wieder und wieder zurück, nahm Gestalt und Form an und verlor seinen Schrecken.

Ironman World Champion 2017! Fünf Jahre Zeit, darauf hinzuarbeiten. Fünf Jahre lang auf eine neue Reise gehen. Fünf Jahre lang mit Geduld an allem arbeiten, das es dazu braucht.

Dieser Faszination bin ich erlegen. Aber ich weiss, dass es viel dazu braucht, das ich nicht oder nur beschränkt beeinflussen kann. Und trotzdem: ich habe meine beste Leistungsfähigkeit auf der Ironman-Strecke noch nicht erreicht. Wieso also nicht gezielt daran arbeiten, weiter Fortschritte machen und dann in der M60 alles auf eine Karte setzen?

Und siehe da, nichts sprach mehr dagegen. Auch nicht die schweren Arme heute Morgen beim ersten Training auf dem Weg dahin. Kein Wunder nach fünf Wochen Schlendrian. Aber eben: Time is on my side.