Donnerstag, 30. August 2012

Blockaden.

Irgendwie ist aus dem glasklaren Weg nach Kona ein etwas steiniger Pfad geworden. Es kommt mir so vor, als dass sich mir ein Hindernis nach dem anderen in den Weg stellte und erst einmal umschifft werden wollte.

Nein, es war nichts wirklich gravierendes passiert - keine Krankheit, kein Sturz, keine Verletzung und auch keine Depression. Eigentlich waren es auch keine konkreten Hindernisse, mehr so eine Art Blockaden.

Angefangen hatte es während den zwei Wochen in Savognin. Da gab es doch tatsächlich Tage, an denen in aufgewacht bin und sich mein Körper und mein Kopf standhaft weigerten, auch nur etwas Sport zu treiben. Hallo, eine Sportblockade? Das geht ja gar nicht für einen, der mehr oder weniger Profisportler ist und in seiner Trainingsphilosophie keine fixen Ruhetage kennt ... und die unfixen auch nicht mag. Zum Glück waren die Olympischen Spiele an und so konnte ich diese ungeheuerliche Verweigerung von Körper und Geist wenigstens mit Passivsport kompensieren.

Dann gesellte sich eine Schreibblockade hinzu. Jeden Tag zermarterte ich mir meinen Kopf, zu welchem Thema ich denn nun meinen Senf hinzugeben sollte. Ideen waren schon da, aber sie blieben im Kopf stecken und wollten partout nicht über das Keyboard in den Äther. Manchmal sass ich auch einfach eine Stunde vor dem Laptop und starrte die weisse Schreibfläche an, ohne dass auch nur ein einziger Buchstabe darauf landete.

Als es so richtig Sommer und heiss wurde, plante ich echte Hitzeübungen im Hinblick auf Hawaii. Das ging zwar recht ordentlich, aber nun machte sich eine Laufblockade breit. Nein, nicht so eine Blockade, die mich ganz vom Laufen abhielt, schlimmer. Es war so eine "ich weiss nicht was los ist"-Blockade. Was immer ich in meinen Laufschuhen anstellte, fühlte sich mühsam an - langsamer als gewohnt, härter als sonst, zäher als in Erinnerung, saftloser als erhofft. Ich war jetzt zwar zurück im gewohnten Trainingsmodus und die Sportblockade hatte sich in Nichts aufgelöst, aber dafür vermisste ich meine neugefundene Laufstärke. Die ersten negativen Gedanken machten sich breit: War das im Frühling alles nur ein Strohfeuer und hatte mich der Ironman Switzerland zurück auf den Boden geholt?

Am letzten Samstag dann der vorläufige Höhepunkt: Ich ass etwas, das nicht ganz koscher war. Und prompt hatte ich ab Sonntag einen Magenblockade. Nein, wieder nichts Gravierendes, dafür wieder so etwas Schleichendes. Bauchweh, aber ich konnte alles behalten. Nur schien der Brennstoff auf dem Weg in die Beine und Arme irgendwo zu versickern. Arrrghhhhhh .....

Zeit für einen Reset. So kam es mir sehr gelegen, dass ich schon vor einigen Wochen zugesagt hatte, mit den Jungs von Lerch Cyclesport die Eurobike zu besuchen. Kein Training, nur Velos, Velos, Velos. Ich nutzte den Tag, auch meine Speicher wieder vollends zu füllen. Mit allem, was ich mir so greifen konnte. Und obwohl die Beine nach 10 Stunden Messe auch ganz schön schmerzten, fühlte ich mich irgendwie befreit und erholt, als ich ins Bett sank und noch etwas von meinem neuen Hobel für 2013 träumte:


Colnago K-zero
Und so geschah in wundersamer Weise in kleines Wunder. Heute Morgen waren die Blockaden wie weggeblasen. Ich wollte schreiben, hatte Ideen und - der Beweis ist hier - konnte sie auch festhalten. Der Magen macht wieder Freude und das Laufen fühlte sich wieder wie Laufen an ...

Gerade noch rechtzeitig, denn in meiner Verzweiflung hatte ich mich in Locarno über die Halbdistanz angemeldet. Was Anfang der Woche noch wie eine ganz schlechte Idee ausgesehen hat, scheint nun ein grosser Spass zu werden. Manchmal ist es eben doch gut, wenn man's sein lässt und auch, wenn es nur für einen Tag ist.

Sonntag, 19. August 2012

Altes Eisen?

Schon sechs Mal durfte ich hören "you are an ironman!". Da fällt es nicht schwer zu glauben, man sei definitiv ein stahlharter Kerl, hart im nehmen, unverwüstlich. Und dennoch kommt unsereiner an den Punkt, wo sich eine Frage immer wieder stellt: Wie lange wird es wohl noch dauern, bis sich etwas Rost ansetzt? Schliesslich gilt diese Lebensweisheit für jeden, auch für ironman: Männer aus Stahl werden eines Tages zum alten Eisen gehören!

Aber es heisst auch: Schmiede das Eisen, solange es glüht. Na also, es ist definitiv noch nicht aller Tage Abend. Denn momentan schmiede ich das Eisen für den grossen Tag, den 13. Oktober, damit ich mehr als parat bin, wenn die Härtesten der Harten auf den Schuss aus der eisernen Kanone hin wie die Verrückten losschwimmen werden.

Auf dem Weg nach Kona machte ich gestern Halt in Seewen, wo zum 16. Mal der Schwyzer Triathlon, auch als offizielle Wurst- und Brot-Weltmeisterschaft bekannt, über die Bühne ging. Es war ein prächtiger Tag mit grossem Sport.

Nun sind ja die kurzen aber sehr heftigen Sprint-Rennen nicht so mein Ding. Achtung, fertig, los und dann eine Stunde lang Vollgas am und auch über dem Limit zu geben, bringt mich regelmässig dazu, dass ich ganze Schwärme von Blaumeisen zwitschern höre. Auch gestern sollte das wieder so sein.

Ging es bislang beim Schwimmstart im Lauerzersee doch recht gesittet zu, fand heuer auf den ersten 150m ein veritable Keilerei statt, die jedem grossen Triathlon alle Ehre gemacht hätte. Es wurde getreten, gezogen, gekickt und gekratzt, was das Zeug hielt. Ein Tritt auf meine Schwimmbrille hatte glücklicherweise keine negativen Folgen, ausser vielleicht, dass sich die rechte Seite so am Auge fest sog, dass ich glaubte ich sei der Neffe von Marty Feldmann.

Aber trotz allem kam ich mit der Spitze aus dem Wasser und fand Unterschlupf ein einer starken Verfolgergruppe, welche die drei Spitzenfahrer kurz vor der 2. Steigung von Lauerz einholen konnte. Bis dahin musste ich aber tierisch Gas geben um erst in die Gruppe zu kommen und beim ersten Aufstieg auch drin zu bleiben. Auf alle Fälle brannten die Beine wie Feuer und die Lunge pfiff wie ein Dampfkochtopf.

Nein, ich wollte noch nicht zum alten Eisen gehören, ich wollte aufs Podest. Nicht einfach, denn in Seewen gibts ab 45 nur noch eine Altergruppe. Dass ausser Andy Krähenbühl und mir aber niemand aus dieser AK vertreten war, stimmte mich schon einmal zuversichtlich.

Dann dieser 2. Aufstieg. Jetzt ging es so richtig zur Sache. Und prompt explodierten meine iron-Schenkel etwa 70 Meter vor dem Kulminationspunkt. Aber ich hatte nur ca. 5 Meter Abstand und mein Kopf produzierte genug Painkiller, um dieses kleine Loch gleich wieder zu schliessen. Geschafft, ich kam als Vierter in die Wechselzone.

Schnelle Wechsel sind auch nicht mehr so mein Ding. So verlor ich ein paar Plätze, ging aber immer noch als 2. der AK auf die Laufstrecke. Gib Gas, sagte ich mir und explodierte noch auf dem 1. Kilometer. Der Berglauf vom Freitag mit 22 km Länge und rund 500 Höhenmetern meldete sich jetzt unmissverständlich zu Wort. Für einen Moment dachte ich, wie schön es doch wäre, jetzt anstelle dieses höllischen 5 km-Sprints einen Marathon laufen zu dürfen. Sick!

Irgendwie fühlte es sich an, wie wenn Massen von Flugrost die Beine von Schritt zu Schritt schwerer werden liessen. Und kurz vor dem Ziel packte mich noch Roger Bochtler. Jetzt musste ich noch einmal alles geben, denn ich wollte den 3. Rang unbedingt halten.

Als ich völlig fertig ins Ziel lief, zeigte die Uhr 59:54 Minuten an. Zum ersten Mal überhaupt hatte ich die 60 Minuten geknackt - 8 Jahre nach meiner ersten Teilnahme!! Jawohl, ich bin ein Mann aus Stahl, ein ironman, einer, der seine Eisen weiter schmiedet!!

Das Podest Sprint Männer 3:
Any, der Sieger, Roger, der 2. und meine gut gelaunte Wenigkeit als 3.

Neben dem Preisgeld - ja, ja, liebe Triathleten, in Seewen gibt es Preisgeld - der persönlichen Genugtuung über eine nie erwartete Bestzeit und dem gemütlichen Beisammensein mit vielen guten Freunden hielt die Siegerehrung für mich aber noch eine Überraschung bereit. In der grossen Startnummern-Tombola gewann ich doch tatsächlich den Hauptpreis, ein Mountain Bike. Wenns läuft, dann läufts eben! Oder, wie Andrea, Queen of Clearwater, meinte: Denjenigen die haben, wird gegeben!

Nein, meine Damen, ich bin nicht der Hauptpreis!

So fuhr ich also meinen Hauptgewinn zum Auto und merkte sofort, dass die Beine tonnenschwer waren. Sprint-Triathlons sind halt doch anstrengend - einfach anders. Und heute Morgen, als ich mich aufs Velo schwang, um eine längere Trainingsfahrt zu machen, fühlten sie sich an wie Schrott. Auch noch nach einer Stunde, nichts mit schmieden. So kams, dass nach drei Stunden - aber immerhin mit der Sattelegg im Schneckentempo - Schluss war für heute. Denn heute gehöre ich definitiv zum alten Eisen!

Freitag, 17. August 2012

Achtung: Blaumeisen zwitschern wieder in Lauerz!

Morgen Samstag ist es wieder soweit: In Seewen finden die Wurst- und Brot-Weltmeisterschaften im Sprinttriathlon statt. Wie jedes Jahr verspricht auch die Auflage 2012 ein episches Rennen zu werden. Wer aufs Podest will, muss alles geben, Vollgas geben und leiden, was das Zeugs hält.

Ich stelle mich jetzt schon darauf ein, dass ich bei der zweimaligen Passage der kurzen aber schmerzhaften Steigung ausgangs Lauerz wieder die Blaumeisen zwitschern hören werde. Für ornitologisch weniger bewanderte Blogleser habe ich dieses Zwitschern extra aufgenommen, damit sie sich auch ein Bild davon machen können.

Hier das Zwitschern, wie es in freier Wildbahn zu hören ist:



Und hier das Zwitschern, wie es bei mir im Zustand des Delirium ankommt:




 Das wird wieder ein Heidenspass werden!

Dienstag, 14. August 2012

Ende der Sommerpause!

Ok, ich gebe es ja zu, ich habe mich ganz einfach vom Acker gemacht und gar keine Sommerpause angekündigt - Asche auf mein Haupt. Aber ich bin weder in eine tiefe Depression nach dem IM Switzerland gefallen, noch bin ich vor dem labilen Wetter geflüchtet.

Es war ganz einfach wieder einmal Zeit, die wunderbare Bergwelt im Bündnerland zu geniessen. "Bewaffnet" mit Strassenvelo, Neopren und der Programmübersicht der Olympischen Spiele habe ich zwei wunderbare Wochen in meine Ferienhaus ob Savognin verbracht.

Nachdem ich schon in Woche zwei nach dem IM wieder mit geregeltem Training anfangen konnte und in der darauffolgenden Woche die Umfänge wieder auf Normalvolumen geschraubt hatte, entschied ich mich dafür, die beiden Wochen ohne festen Plan einfach nach Lust, Laune und körperlichem Befinden zu trainieren. Pässe fahren, Schwimmen im Lai Barnagn (der Sesselbahnparkplatz in Savognin, der im Sommer zum See wird!), Bergläufe inkl. Munggen erschrecken und eine tolle Bergwanderung standen auf der Wunschliste.

Nein, die zwei Wochen waren kein Trainingslager - im Gegenteil. Ob es mir gefiel oder nicht, der Ironman hatte mich vor allem mental unglaublich gefordert. So merkte ich schon bald, dass auch Tage der absoluten Ruhe sehr notwendig waren. So kams, dass ich zwischendurch auch einmal nichts tat ausser sein. Und das macht sich jetzt bezahlt, wo die Vorbereitung auf Hawaii noch einmal konzentrierte Arbeit verlangt.

Mein Ziel (ist Savognin! ... hi,hi) war es, Körper und Geist wieder in Balance zu bringen. Das ist gelungen, weil nicht Leistung im Vordergrund stand, sondern Erlebnis. Hier ein paar Eindrücke:

Schwimmen im Lai Barnagn anstatt im Hallenbad Lenzerheide -
Distanz egal, so lange, wie es Spass machte.
Für mich einer der schönsten Pässe der Schweiz - von
Tiefencastel rund 32 km lang, gespickt mit Landschafts-
Bildern der Extraklasse und den Viadukten der
Rhätischen Bahn!
Der Flüela - von Susch her ein echter Sauhund mit Gegenwind im
steilsten Abschnitt!
Per Pedes auf den Orgelspass, der das Sursees mit dem Albula-Tal und
Bergün verbindet.
Pass d'Ela - karg, wild.

Abschliessen möchte ich allen danken, die mir ihre Gedanken und Anregungen zum Thema Drafting mitgeteilt haben. Ich werde diese zusammenfassen und an Ironman Europe weiterleiten. Dranbleiben heisst die Devise, sonst bleibt alles beim alten.

Und in den nächsten Wochen gibt es wieder regelmässig Geschichten und News rund um die Vorbereitung auf den Saisonhöhepunkt IM Hawaii am 13. Oktober.