Ungewöhnlich lange herrschte Stille auf meinem Blog. Tut mir leid,
aber mir war ganz einfach nicht nach Schreiben. Aber ich wusste die
ganze Zeit, dass ich in meinem nächsten Post, also diesem, eine nicht
ganz einfache Geschichte erzählen wollte. Meine Geschichte, die offen
darlegen soll, wie mir meine grosse Leidenschaft urplötzlich viele
Leiden schaffte. Und heute habe ich nun das letzte Puzzleteil erhalten,
das notwendig ist, um diese Geschichte so präzise wie nur möglich zu
erzählen.
Genug der Vorworte - hier ist sie:
Zufälligerweise
beginnt sie just im gleichen Moment, als dieser Blog geboren wurde: im
November 2008. Andrea, damals noch meine Frau, hatte sich für die 70.3
WM in Clearwater qualifiziert. Ich trotz einigen Versuchen nicht und so
war ich als ihr persönlicher Talisman(n) mitgereist. Im Gepäck mein
Velo, denn ich wollte die warmen Temperaturen für den Trainingsaufbau
der Saison 2009 nützen - dem Jahr meines ersten Ironmans.
Weil
ich von Ironman-Training keine Ahnung hatte, suchte ich mir einen
Coach. Bei ironguides fand ich nicht nur den grossartigen Sergio Borges,
sondern auch eine Trainingsphilosophie, die mir auf Anhieb
einleuchtete: The Method. Ein Kernstück dieser Methode war, dass der
Athlet seine Erholungstage selber bestimmt.
Das klang
nach einem sehr einfachen Unterfangen: Bist du müde und dein Körper sagt
Stopp - take a day off. Verplant waren also immer 7 Tage der Woche und
der Athlet musste selbst entscheiden, wann es soweit war.
Obwohl
ich heute nicht mehr von Sergio gecoacht werde, hat sich daran nichts
geändert. Denn mein neuer Coach Kritstian Manietta war damals ebenfalls
ein ironguide coach und trainiert alle Athleten auch heute noch nach
demselben Prinzip.
Für den weiteren Verlauf meiner Geschichte ist dieser Punkt sehr wichtig, darum habe ich ihn an den Anfang gestellt.
Ich
sprach auf das neue Trainingsregime hervorragend an. Schon zu Beginn
des Jahres 2009 gewann ich den 70.3 Switzerland, legte mit 10.03 Std.
beim IM Switzerland eine tolle Premiere hin und verpasste die
Hawaii-Quali nur um eine Bisel-Pause. Aber dank Glück im
Rolldown-Roulette in Monaco konnte ich im Oktober dennoch meine
Kona-Premiere feiern - mit einem DNF.
Ich war so euphorisch, dass ich mich im Vorfeld total kaputt trainierte und am raceday ganz einfach leer wie ein Schlauch war.
Es
sollte bis 2012 dauern, bis mich Big Island wieder als Gast willkommen
hiess. Inzwischen schrieb ich meine Trainingspläne selbst. Nicht, weil
ich mit Sergio unzufrieden war, sondern weil ich mich zum Mentaltrainer
im Sport weitergebildet hatte und folglich mein sportliches Geschick
ganz in meine eigenen Hände nehmen wollte.
Dann kam die
Idee, dass ich im 2017 mit 60 ironman-Weltmeister werden wollte. Und
mit diesem Projekt die Einsich, dass ich wieder einen kompetenten coach
brauchte: Kristian Manietta. Ich kannte sein System und seine
professionelle Einstellung gefiel mir - er lebt für seine Athleten!
Die
neue Zusammenarbeit funktionierte gleich hervorragend und ich machte
laufend Fortschritte. Aber es zeigte sich, dass die Sache mit den frei
wählbaren Ruhetagen doch recht tricky ist. Laut coach sollte man bei
Müdigkeit quasi einen testdrive absolvieren. Verflog die Müdigkeit war
alles ok, im umgekehrten Fall hiess es zusammenpacken und ruhen.
Aber
wer gesteht sich schon gerne ein, dass es wirklich nicht geht?
Schliesslich hatte Mike Reilly mir ja bestätigt: You are an ironman!
Und
so kam es, dass ich mir immer wieder sagte: Jetzt bist du eh schon
dabei, also kannst du die Einheit auch gleich absolvieren. Selbst wenn
der Kilometer 20 Sekunden langsamer war als noch die Woche zuvor oder
die Wattzahl bei Intervallen um satte 50 tiefer - Aufgeben ist für
pussies!
Bis vor kurzem war ich glücklicherweis
verletzungsfrei und gesund. Also Ausdauerathlet reiht man ja so einen
Schnupfen nicht als Krankheit ein. Solange kein Fieber da ist kann man
den kratzenden Hals, die laufende Nase und den darauffolgenden Husten
gar nicht ernst nehmen.
Denkste! Im Winter 2012/13 und
2013/14 hatte ich jeweils so richtig hartnäckige Erkältungen aber ohne
Fieber. Also raus in die Kälte und immer schön weiter trainieren! Als
ich im Februar 2013 das erste Mal nach Australien flog dauerte es dort
im Sommer noch volle vier Wochen, bis ich keine Hustenanfälle mehr
hatte. Und prompt wurde ich im darauffolgenden Sommer mit
Leistungsasthma diagnostiziert und hänge seither am Ventolin.
Bekanntlich
ging ja die Saison 2013 - wohl auch wegen des Asthmas - ziemlich in die
Hose. Der Plan war, nach Hawaii direkt nach Australien zu fliegen,
Off-season einlegen, den 33-26 ride for charity:water bestreiten und
dann Ende März in Melbourne das Hawaii-Ticket 2014 lösen.
Weil
es nichts wurde mit Hawaii haben wir kurzerhand den Plan geändert. IM
Western Australia, 18 Tage später 33-26, Mitte Februar IM 70.3 Geelong
und Ende März wie geplant IM Melbourne. Nun, IM Western Australia
brachte mir das ersehnte Hawaii-Ticket und endlich die 9:XX. Und von da
an ging es nur noch bergab.
Der charity ride wurde für
mich zur Höllenfahrt und hat das letzte Stück Energie aus meinen Knochen
gesogen. Geelong zum Supergau .... dehydriert und zerstört gab ich
bereits auf dem Velo auf. Und in Melbourne machte mein Fuss schlapp.
Wieder
zu hause bildete ich mir ein, ich könne Ende Mai in St. Pölten, meinem
erklärten Lieblings-70.3, schon wieder in toller Form sein. Es harzte
von Anfang an. Und dann zogen die Wolken eines perfekten Sturms auf.
Erst
trainierte ich mir die Hamstrings zu Mus. Dann der Stolperer und der
Muskelfaserriss. Seit 8 Wochen kann ich nicht Laufen. Und so machte ich
am letztenMontag ein MRI, denn es wurde einfach nicht besser. Nun, der
Muskelfaserriss ist verheilt aber dafür habe ich eine Entzündung im
Hamsting-Ansatz am Sitzbeinhöcker. Diese Entzündung war die ganze Zeit
da, wurde aber vom Muskelfaserriss quasi überlagert. Wenn ich Glück
habe, kann ich in zwei Wochen ganz langsam wieder mit dem Laufen
anfangen.
Mit ein Grund für diese Verletzungen: zu viel
Neues aufs Mal. Nach 6 Monaten Tri-Bike wieder aufs Strassenvelo,
Steigungen im Sitzen, damit die hintere Beinmuskulatur im Hinblick auf
die Tour Transalp stärker wird. Neue Rad- und Laufschuhe. Und auch beim
Laufen viel bergauf - der Felsenegg-Anstieg mit 20% im Durschnitt lässt
grüssen.
Aber es sollte noch schlimmer kommen!
Radfahren
war eingeschränkt möglich, nur Schwimmen konnte ich ohne Probleme. Also
nichts wie in den Pool und bei jedem Wetter Mördereinheiten schwimmen.
Obwohl geheizt war das Wasser nur 22 - 23 Grad warm. Und die Einheiten
bis zu 5.5 km oder 1.45 Std. lang. Zitter, zitter. Dann, nach sechs
Jahren, Pull-buoy raus und grössere Paddles. Hawaii ist schliesslich
ohne Neo. Ein Riesenstress insgesamt.
Und permanent die Angst, dass Hawaii den Bach runter gehen könnte.
Dann
habe ich einen Bluttest machen lassen, einfach um wieder einmal alle
Werte zu messen. Und schon kamen einige Werte etwas unbefriedigend
heraus. Nein, nicht so profane Sachen wie Magnesium oder Eisen - mehr im
hormonellen Bereich. Meine Herzfrequenz-Variabilität zeigt abnorme
Sympathikus-Werte und ich schlief sehr schlecht. Ich war einfach immer
unter Strohm.
Und so kam es, wie es kommen musste:
innerhalb von zwei Tagen stellte mein bisher so folgsamer Körper seine
Kooperation ein und streikte. Ich stand am Beckenrand und konnte nicht
hineinspringen. Ging nicht.
PANIK!
Aber
immerhin verstand ich die Message: kein Training bitte. So schaltete
ich auf psycho-hygienisches, therapeutisches Bewegen im nicht messbaren
Belastungsbereich. In Absenz jeglichen Endorphins tauchte ich ein in
eine ziemlich beängstigende Scheindepression. Alle Recherchen über
Übertraining, Cortisol-Stress und ähnliches machte das Ganze nur noch
schlimmer.
Erst schien viel Ruhe gar nichts zu bringen.
Aber dann, so nach 10 Tagen, vielen Gedanken und Hinterfragen von Sinn
und Zweck des Ganzen machte sich neuer Mut breit. Die Lust an der
Bewegung kam zurück - nein, nicht nach Training, lediglich nach
Bewegung. Mit Freuden gab ich ihr nach und bewegte mich. Der Stress wich
... obwohl er noch nicht ganz weg ist.
Weiter Test
brachten hervor, dass die Hormonwerte ok sind. Die Aussicht auf Heilung
am Allerwertesten stehen gut. Der Energie-Pegel ist am steigen. Ob
Hawaii für mich stattfinden wird, das werde ich wohl erst in ca. 2
Wochen wissen. Aber ich habe keinen Stress mehr damit. Wenn es klappt,
dann hurrah, wenn nicht, dann halt im 2015!
Ja, liebe
Freunde, ich habe es übertrieben. Einige haben es schon immer gewusst,
andere schon immer gewarnt und wiederum andere hinter hervorgehaltener
Hand getuschelt. Wie kann man auch 7 Tage die Woche trainieren, ohne
Ruhetag, wochenlang? Nun, man kann, wie ich es 6 Jahre lang bewiesen
habe. Ob's richtig war scheint vor dem Hintergrund der eben erzählten
Geschichte eher fragwürdig. Also gilt es, die Weichen neu zu stellen und
aus dem perfekten Sturm zu lernen.
Das Leben ist ein
einziger Lernprozess. Vom ersten bis zum letzten Tag. Das sollten wir
alle nie vergessen. Und dieselben Fehler kein zweites Mal machen!
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