Sonntag, 19. August 2012

Altes Eisen?

Schon sechs Mal durfte ich hören "you are an ironman!". Da fällt es nicht schwer zu glauben, man sei definitiv ein stahlharter Kerl, hart im nehmen, unverwüstlich. Und dennoch kommt unsereiner an den Punkt, wo sich eine Frage immer wieder stellt: Wie lange wird es wohl noch dauern, bis sich etwas Rost ansetzt? Schliesslich gilt diese Lebensweisheit für jeden, auch für ironman: Männer aus Stahl werden eines Tages zum alten Eisen gehören!

Aber es heisst auch: Schmiede das Eisen, solange es glüht. Na also, es ist definitiv noch nicht aller Tage Abend. Denn momentan schmiede ich das Eisen für den grossen Tag, den 13. Oktober, damit ich mehr als parat bin, wenn die Härtesten der Harten auf den Schuss aus der eisernen Kanone hin wie die Verrückten losschwimmen werden.

Auf dem Weg nach Kona machte ich gestern Halt in Seewen, wo zum 16. Mal der Schwyzer Triathlon, auch als offizielle Wurst- und Brot-Weltmeisterschaft bekannt, über die Bühne ging. Es war ein prächtiger Tag mit grossem Sport.

Nun sind ja die kurzen aber sehr heftigen Sprint-Rennen nicht so mein Ding. Achtung, fertig, los und dann eine Stunde lang Vollgas am und auch über dem Limit zu geben, bringt mich regelmässig dazu, dass ich ganze Schwärme von Blaumeisen zwitschern höre. Auch gestern sollte das wieder so sein.

Ging es bislang beim Schwimmstart im Lauerzersee doch recht gesittet zu, fand heuer auf den ersten 150m ein veritable Keilerei statt, die jedem grossen Triathlon alle Ehre gemacht hätte. Es wurde getreten, gezogen, gekickt und gekratzt, was das Zeug hielt. Ein Tritt auf meine Schwimmbrille hatte glücklicherweise keine negativen Folgen, ausser vielleicht, dass sich die rechte Seite so am Auge fest sog, dass ich glaubte ich sei der Neffe von Marty Feldmann.

Aber trotz allem kam ich mit der Spitze aus dem Wasser und fand Unterschlupf ein einer starken Verfolgergruppe, welche die drei Spitzenfahrer kurz vor der 2. Steigung von Lauerz einholen konnte. Bis dahin musste ich aber tierisch Gas geben um erst in die Gruppe zu kommen und beim ersten Aufstieg auch drin zu bleiben. Auf alle Fälle brannten die Beine wie Feuer und die Lunge pfiff wie ein Dampfkochtopf.

Nein, ich wollte noch nicht zum alten Eisen gehören, ich wollte aufs Podest. Nicht einfach, denn in Seewen gibts ab 45 nur noch eine Altergruppe. Dass ausser Andy Krähenbühl und mir aber niemand aus dieser AK vertreten war, stimmte mich schon einmal zuversichtlich.

Dann dieser 2. Aufstieg. Jetzt ging es so richtig zur Sache. Und prompt explodierten meine iron-Schenkel etwa 70 Meter vor dem Kulminationspunkt. Aber ich hatte nur ca. 5 Meter Abstand und mein Kopf produzierte genug Painkiller, um dieses kleine Loch gleich wieder zu schliessen. Geschafft, ich kam als Vierter in die Wechselzone.

Schnelle Wechsel sind auch nicht mehr so mein Ding. So verlor ich ein paar Plätze, ging aber immer noch als 2. der AK auf die Laufstrecke. Gib Gas, sagte ich mir und explodierte noch auf dem 1. Kilometer. Der Berglauf vom Freitag mit 22 km Länge und rund 500 Höhenmetern meldete sich jetzt unmissverständlich zu Wort. Für einen Moment dachte ich, wie schön es doch wäre, jetzt anstelle dieses höllischen 5 km-Sprints einen Marathon laufen zu dürfen. Sick!

Irgendwie fühlte es sich an, wie wenn Massen von Flugrost die Beine von Schritt zu Schritt schwerer werden liessen. Und kurz vor dem Ziel packte mich noch Roger Bochtler. Jetzt musste ich noch einmal alles geben, denn ich wollte den 3. Rang unbedingt halten.

Als ich völlig fertig ins Ziel lief, zeigte die Uhr 59:54 Minuten an. Zum ersten Mal überhaupt hatte ich die 60 Minuten geknackt - 8 Jahre nach meiner ersten Teilnahme!! Jawohl, ich bin ein Mann aus Stahl, ein ironman, einer, der seine Eisen weiter schmiedet!!

Das Podest Sprint Männer 3:
Any, der Sieger, Roger, der 2. und meine gut gelaunte Wenigkeit als 3.

Neben dem Preisgeld - ja, ja, liebe Triathleten, in Seewen gibt es Preisgeld - der persönlichen Genugtuung über eine nie erwartete Bestzeit und dem gemütlichen Beisammensein mit vielen guten Freunden hielt die Siegerehrung für mich aber noch eine Überraschung bereit. In der grossen Startnummern-Tombola gewann ich doch tatsächlich den Hauptpreis, ein Mountain Bike. Wenns läuft, dann läufts eben! Oder, wie Andrea, Queen of Clearwater, meinte: Denjenigen die haben, wird gegeben!

Nein, meine Damen, ich bin nicht der Hauptpreis!

So fuhr ich also meinen Hauptgewinn zum Auto und merkte sofort, dass die Beine tonnenschwer waren. Sprint-Triathlons sind halt doch anstrengend - einfach anders. Und heute Morgen, als ich mich aufs Velo schwang, um eine längere Trainingsfahrt zu machen, fühlten sie sich an wie Schrott. Auch noch nach einer Stunde, nichts mit schmieden. So kams, dass nach drei Stunden - aber immerhin mit der Sattelegg im Schneckentempo - Schluss war für heute. Denn heute gehöre ich definitiv zum alten Eisen!

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