Sonntag, 3. August 2014

Über das Gleichgewicht der Schieflage.

Vor gut zwei Wochen musste ich mir eingestehen, dass es aus meiner Schieflage kein schnelles entrinnen gibt. Es bestand keine Aussicht darauf, innert nützlicher Frist wieder Rennen zu können. Und die unendliche Müdigkeit und der fehlende Antrieb, die sich tief in meinem Körper ausgebreitet hatten, löschten jeden Funken Hoffnung auf Hawaii 2014 aus.

In dem Moment, wo ich die Niederlage meines Willens gegen meinen Körper eingestehen konnte, ging es mir schon wieder viel besser. Ich realisierte, dass meine Psyche während der ganzen Zeit der Ungewissheit einem enormen Stress ausgesetzt war. Ich litt unter einer permanenten inneren Unruhe. Fight or Flight-Modus nennt man das, wenn der Sympathikus rund um die Uhr auf Hochtouren läuft.

Dieses System steckt tief verankert im Stammhirn und ist dazu gedacht, bei drohender Lebensgefahr sicherzustellen, dass der Entscheid zu kämpfen oder zu fliehen sofort gefällt werden kann. Vor tausenden von Jahre war das die Bedrohung eines Säbelzahntigers oder eines Mammuts und diese Situation war nach wenigen Minuten vorüber. Heute funktionieren wir immer noch gleich aber der permanente Stress, dem wir uns aussetzen setzt die gleichen Vorgänge frei, wie ein Raubtier damals. Das Resultat: der Körper erholt sich nicht mehr und aus die Maus.

Darum war es enorm wichtig, den Entscheid für oder gegen Kona sofort zu treffen. Auch wenn mein Parasympathikus immer noch nicht ganz aufgeholt hat und ich ab und an diese innere Unruhe wieder spüre - ich bin viel ruhiger geworden. Und die Belohnung dafür ist, dass ich wieder mehrheitlich ordentlich durchschlafen kann.

Jetzt aber zu glauben, das Ganze sei ausgestanden, wäre ein grosser Irrtum. Davon werden ich fast täglich erinnert, wenn ich etwas leichten Sport betreibe. Zur Klarstellung: kein Training, mehr die Art von Bewegungstherapie wie beispielsweise nach einem Ironman.

Ich versuche mich im Regenenerationsbereich zu bewegen, weil ich fest davon überzeugt bin, dass dies meine Gesundung und Wiedererlangung meiner Leistungsfähigkeit positiv beeinflusst. Dabei bewege ich mich nur so lange, bis mein Körper sagt: das war schön, aber jetzt reicht es. Heute tat er das beispielsweise nach 1500m Schwimmen. An die Bemerkungen wie "schon fertig" habe ich mich auch schon gewöhnt.



Es ist immer wieder aufs Neue die Suche nach dem Gleichgewicht in der Schieflage. Den Körper mit Sauerstoff zu fluten, den Metabolismus anzuregen, Freude an der Bewegung zu erfahren, ohne weiteren Schaden anzurichten. Für einen Ironman eine ganz schön grosse Herausforderung.

Aber es gelingt mir Tag für Tag immer besser. Schliesslich bin ich doch immer noch ein Glückspilz, der sich bewegen kann und die Schönheit eben dieses sich bewegens erleben darf. Das macht Mut, denn der Weg ist noch lang und wird viel Geduld benötigen.

Zum Schluss noch ein Lesetipp aus der heutigen SonntagsZeitung (leider online nur gegen Bezahlung verfügbar): Das Interview mit Dario Cologna. Steckt voller interessanter Information über Be- und Entlastung im Training.

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