Donnerstag, 28. Juni 2012

IronMadness Switzerland: Die innere Stimme.

T-3 oder besser T-2,5 - nur noch 2 1/2 Wochen bis zum Ironman Switzerland. Die letzte volle und dementsprechend harte Trainingswoche ist in vollem Gange. Ab nächstem Montag beginnt die Taperphase. Eigentlich nichts Neues für mich, weil schon ein halbes Dutzend Mal durchexerziert.

Und dennoch immer wieder spannend. Denn auf einmal ist sie da - die innere Stimme. Wie aus dem Nichts nimmt sie platz im Kopf, obwohl ich sie weder eingeladen, geschweige denn hereingebeten habe. Genau genommen ist es auch nicht nur eine Stimme, es sind deren zwei.


Je nach Situation spricht das Engelchen oder das Teufelchen, wenns ganz bös kommt, sprechen beide gleichzeitig. Überflüssig zu erwähnen, dass in diesem Fall ein unerträglicher Streit im Kopf stattfindet. Aber wie auch immer, egal, wer sich gerade meldet, ich könnte sehr gut darauf verzichten.

Worum geht es eigentlich? Nun, Teufelchen und Engelchen sind ganz einfach die Metapher für eine gewisse Unsicherheit, welche mich immer in der 3. Woche vor einem Ironman befällt. Auch heuer macht da keine Ausnahme, nur, dass ich die Unsicherheit ziemlich gut unter Kontrolle halten kann.

Noch nie habe ich mich so minuziös und akribisch auf einen Ironman vorbereitet. Die gesamte Vorbereitung lief bisher perfekt ab - keine Infekte, keine Verletzungen, keine Durchhänger, keine Tiefs. Kein Grund also, an mir selbst zu zweifeln ... und trotzdem sind die beiden Störenfriede da.

Eben weil bisher alles so problemlos abgelaufen ist, will ich jetzt keinen Fehler mehr machen. Und in meinem Fall heisst Fehler: zuviel machen. So höre ich jeden Tag tief in mich hinein und entscheide erst dann, wie umfangreich und hart ich trainieren werde. Die Beine sind hervorragend, wenn auch ein klein bisschen müde. Kein Problem, denn Speed, Stehvermögen und nicht zuletzt das Gefühl stimmen zu 100%. Im Pool fühle ich mich besser, als je zuvor.

So sagt also das Teufelchen: Hau rein, du bist in toller Form, gib noch einmal Gas. Das Engelchen mahnt zur Vorsicht: Nicht übertreiben, mach dich ja nicht kaputt. Und hand aufs Herz: Als Ausdauer-Athlet hört man doch eigentlich lieber auf das Teufelchen - wir sich doch schliesslich Eisenmänner und -frauen! Da kann doch ein letztes hartes Training drei Wochen vor dem Ironman keinen Schaden anrichten! Und dann noch eins, und noch eins, und noch eins ....

Nun, mein Teufelchen und mein Engelchen stehen kurz vor einer mittleren Depression. Denn ich habe beschlossen, sie zu ignorieren. Meine Beine und meine Arme geben mir nämlich ganz unmissverständliche Zeichen, was für sie gut ist und was nicht. Im Fachjargon nennt man das wohl Selbstvertrauen.

Und überhaupt, spätestens am Montag, wenn das Tapering beginnt, verschwinden die beiden Störenfriede wieder so wundersam, wie sie erschienen sind. Dann kehr erst recht Ruhe ein. Dann ist die Arbeit getan, der Rucksack prall voll und es geht nur noch um eines: Erholung - mit der Einschränkung, dass der Körper nicht in Ferienstimmung verfällt. Aber das habe ich inzwischen wirklich total im Griff.

Samstag, 23. Juni 2012

IronMadness Switzerland: Geht ab wie Zäpfchen!

Viel gibt es heute nicht zu berichten - dafür mit grenzenloser Begeisterung! Denn heute gings ab wie Zäpfchen!

Abfahrt 7.45 Uhr. Über den Hirzel nach Sihlbrugg, Ebertswil, Mettmenstetten, Cham, Zug. Bidon füllen. Arth, Immensee, Küssnacht, Brunnen. Snickers kaufen. Schwyz. Espreso und Cola trinken, Snickers essen. Bidon füllen. Ibergeregg, Wilerzell, Biberbrugg. Snickes und Red bull einwerfen. Raten, Oberägeri, Menzingen. Bidon füllen. Bostadel, Schönenberg, Hirzel, Horgen. 6:04 Stunden, 170 km. (Anmerkung: 4 Gels habe ich auch noch eingeworfen).

Laufschuhe anziehen. 10 Minuten easy. 20 Minuten IM Tempo nach Gefühl - 4:28 min/km (ach du Scheisse!), 10 Minuten easy.

Und so hat sich das Ganze angefühlt:




Noch Fragen?

Mittwoch, 20. Juni 2012

IronMadness Switzerland: In den Seilen!

Während ich bisher sehr viel Wert auf eine kontinuierliche Trainingsplanung ohne nennenswerte Spitzen legte, gehe ich auch in dieser Beziehung neue Weg - neu für mich, wohlverstanden. So baue ich in allen drei Disziplinen regelmässig Einheiten ein, die bezüglich des zu trainierenden Systems zwar nicht aus der Reihe fallen, aber deren Intensitäten darauf ausgelegt sind, ironmanspezifische Ermüdungszustände zu verursachen.

Und davon gabs in der letzten Woche gleich ein paar:
  • Mittwoch - zwei Laufeinheiten
  • Donnerstag - zwei Radeinheiten
  • Samstag - lange Radeinheit mit 60 Minuten hart am Schluss, plus Koppellauf hart
  • Sonntag - zwei Laufeinheiten
Dazu gehören auch Radeinheiten mit ersten Krampferscheinungen plus Koppellauf - denn ich weiss, für eine schnelle Radzeit muss ich so hart fahren, dass Krämpfe unvermeidlich sind.

Gleichzeitig beglückte uns ja endlich der Sommer mit schwülwarmem Wetter. Und das bedeutete, dass die Erholungszeit automatisch ansteigt. So war ich also am Montag auch nicht sonderlich verwundert, als sich erste Ermüdungserscheinungen bemerkbar machten, die einen baldigen Regenerationstag ankündigten.

Nachdem ich gestern noch meine 10 x 400m geschwommen bin, auf dem grossen Kettenblatt von Pfäffikon über den Raten fuhr und kurz aber heftig etwas Laufsohlengummi auf den Asphalt brannte, war es heute soweit. Ich wachte auf und fühlte mich, wie nach dem Zusammenstoss mit einem Güterzug.

Aber das kenne ich aus Erfahrung. Oft legt sich diese Erschlagenheit nach dem Frühstück und was folgt ist ein guter Trainingstag. Nicht heute, denn mein Appetit war wider Erwarten bescheiden. Aber noch wollte ich die Flinte nicht ins Korn werfen.

So fuhr ich nach Adliswil und startete in Richtung Allmend Brunau - meine berüchtigte Intervall-Strecke. Schön langsam - und dabei blieb es auch. Am Ende wurde es ein feiner Regenerationslauf über 12 km. Der Fokus lag auf der aktiven Armarbeit, der hohen Laufkadenz und der Körperhaltung. Und so stellte sich ein tolles Laufgefühl ein, das richtig Spass machte. Anschliessend schwamm ich noch 1500m im Käpfnach - easy und lustvoll.

Man kann aber sagen: heute hing ich wirklich in den Seilen.


Dank wohl getimter Bewegung habe ich meinem Körper viel Sauerstoff zugeführt und somit die Regeneration beschleunigt. War der Kopf heute Morgen noch skeptisch, so freut er sich jetzt, am Abend, schon auf die harte Radeinheit von Morgen.

Und nachdem ich letzte Woche total 86 km gelaufen bin, kann es diese Woche auch ruhig einmal etwas weniger sein.

Sonntag, 17. Juni 2012

IronMadness Switzerland: Der Konjunktiv II

Es gibt wohl kaum eine Sportart, bei der die Athleten so oft den Konjunktiv bemühen - ausser vielleicht beim Fussball. Der Konjunktiv II wird auch Irrealis genannt. Er wird verwendet, um unmögliche und unwahrscheinliche Bedingungen oder Bedingungsfolgen zu benennen oder um auszudrücken, dass unter mehreren an sich möglichen Folgen infolge menschlicher Entscheidungen durch Ermessensgebrauch eine bestimmte Folge ausscheiden werde. Durch die Formulierung von Bedingungen und ihren Folgen lassen sich auch Vorstellungen und Wünsche, die wahrscheinlich nicht eintreten werden oder unmöglich sind, oder die Zweifel des Sprechers an bestimmten Sachverhalten zum Ausdruck bringen. Eingeleitet wird er oft mit "wenn" oder "falls".

Damit sind wir mitten im heutige Thema. "Wenn ich ein Vöglein wäre und zwei Flügelein hätte, flöge ich zu dir." Oder: "Wenn ich vielleicht etwas weniger schnell Rad gefahren wäre und etwas Kraft gespart hätte, wäre ich beim Marathon nicht eingebrochen".

Wenn, wenn, wenn ... oft nicht mehr als Ratlosigkeit, meist aber Ausreden, und auch Erklärungsversuche, wieso man es verkackt hat. Dabei ist es doch so einfach: "Ich bin zu schnell Rad gefahren und darum hat es mich beim Marathon hingestellt." Basta.

Erstaunlicherweise gibt es auch zwei Sorten von Athleten: Diejenigen, welche den Konjunktiv II immer wieder bemühen und andere, welche aus ihren Fehlern lernen, daraus ihre Schlüsse ziehen und es beim nächsten Mal besser machen.

In meiner Vorbereitung auf den IM Switzerland hat die Möglichkeitsform keinen Platz. Heute hätte ich sagen können: "Wenn ich von den gestrigen 5 1/2 Stunden Velo (mit Ibergeregg und den letzten 60 Minuten Vollgas) und dem Koppellauf in der Hitze nicht so müde gewesen wäre (die Oberschenkelkrämpfe lassen wir jetzt einmal aussen vor), hätte ich heute problemlos zwei Laufeinheiten und eine Schwimmeinheit machen können."

Ok, es dauerte bis gegen 10 Uhr bis ich mir den finalen Ruck geben konnte und die schwere Strecke über den Horgenberg und die Tableten unter die Füsse nahm. Nach knapp zwei Stunden zeigte mein Garmin neue Streckenbestzeit an. Im Käpfnach musste ich mich zuerst mit einem Espresso wachrütteln, damit ich die 2 km schwimmen konnte. Und dann die Kuchenbestechung, damit die finalen 40 Minuten Laufen mit 10 x 90 Sekunden hart bei nur 30 Sekunden Trabpause möglich waren. Done deal - kein Konjunktiv notwendig.

Wenn ich am 15. Juli in Zürich loslege, werde ich wissen, dass ich alles menschenmögliche unternommen habe, um dem Rennen meinen Stempel aufzudrücken. Wenn es klappt, implodiert der Konjunktiv, wenn nicht, gibt es keine Ausreden. Ich werde etwas wagen, denn ich will herausfinden, wo meine Leistungsfähigkeit wirklich liegt. Basta.

Aus aktuellem Anlass noch zwei Konjunktiv-Müsterchen.

Lance Armstrong. Er wurde von der WTC von allen Ironman-Rennen ausgeschlossen. Obwohl ich ihn am liebsten auf den Mond schiessen würde, damit er den Triathlon nicht auch noch versaut, hätte ich mir nun doch gewünscht, dass er die Hawaii-Quali versuchen kann. Denn nun muss sich der Sieger 2012 wohl immer wieder sagen lassen, dass es ganz anders hätte herauskommen können, wäre Lance am Start gewesen.
Michael Raelert. Seit heute ist er ein Ironman - Platz 2 in Regensburg hinter Dirk Bockel. Tolles Debut - aber ganz ehrlich, hätte man von ihm nicht erwartet, dass er gewinnt? Und überhaupt, sollte er den Marathon nicht schneller laufen können als Mike Schifferle. Was wäre gewesen, wenn er schon im letzten Jahr hätte am Ironman starten können? Alles wurschtegal, der Typ ist clever und wird die richtigen Schlüsse ziehen. Aber holdrioh, auf der Ironmanstrecke kocht auch er vorläufig nur mit Wasser.



Dienstag, 12. Juni 2012

IronMadness Switzerland: One step beyond!

In knapp fünf Wochen steigt bei der Landiwiese die ultimative Party. Nein, nicht das Big Air mit den durchgeknallten Boardern, Skatern und sonstigen Luftakrobaten - die Eisenfrauen und Eisenmänner geben sich die Ehre und quälen sich über insgesamt 226 km, nur um die magischen Worte zu hören: You are an Ironman.

T-5 bedeutet gleichzeitig, dass die trainingsintensivsten drei Wochen anstehen. Noch einmal werden die Umfänge und die Intensitäten gesteigert, bis dann rund 10 Tag vor dem Startschuss das Tapering beginnt. Diese drei Wochen kann man wahrlich als IronMadness bezeichnen, denn nun dreht sich alles im Leben um swim, bike and run.

Meine Vorbereitung lief bis dato prächtig. Über die vorläufigen Höhepunkte in St. Pölten und Rapperswil habe ich ausführlich berichtet. Beide Events brachten für mich sehr wichtige Erkenntnisse. St. Pölten zeigte mir, dass ich ausgeruht und auf den Punkt genau vorbereitet auf hohem Niveau konkurrenzfähig bin. In Rapperswil kam ich zum Schluss, dass ich jede Krise wegstecken kann und mental vollauf in der Lage bin, auch nach einer lausigen Radperformance beim Laufen noch viel auspacken kann.

Über allem steht aber das Wissen, dass ich in meiner bisher schwächsten Disziplin, dem Laufen, so grosse Fortschritte gemacht habe, dass ich durchaus mit den besseren Läufern mithalten kann. Das macht Appetit auf mehr.

Dieser Appetit auf mehr äusserte sich auch in den Tagen nach Rapperswil. Schon am Mittwoch war ich zurück im ganz normalen Trainingsalltag und absolvierte sehr harte Einheiten. So bin ich beispielsweise schon wieder meine geliebten 15 x 800 m gelaufen und am Sonntag in 2:30 Std. nicht weniger als 29 km. Insgesamt gabs 75 Laufkilometer - nicht schlecht für eine Nachwettkampfswoche.

Gestern Montag und heute Dienstag wurde ich dann allerdings auch durch Gewitter und Dauerregen eingebremst. So flüchtete ich gestern aus dem Pool in Käpfnach, weil mir die Blitze doch etwas zu bedrohlich erschienen und beendete mein Schwimmtraining im Hallenbad Adliswil. Und heute entschied ich mich für den Neopren - prompt fühlte ich mich nach 800 m wie eine Folienkartoffel auf dem Grill. So machte ich aus den 20 x 200m einfach 10 x 200 m plus 10 x 1 x 200m! Wie bitte?, werden sich jetzt einige fragen, wo ist da der Unterschied?

Ganz einfach: vom elften 200er an wollte mein Kopf nicht mehr, derart schlecht fühlte ich mich im überhitzten Neo. Also schwamm ich immer nur noch einen 200er mehr, noch einen, und noch einen. Bis eben alle 20 im Kasten waren. Probierts aus, funktioniert recht gut.

Die Kehrseite der Medaille: Ich bin so erschlagen, dass ich mir den Rest das Tages frei nehmen muss. Kopf und Körper sind erledigt. Nicht weiter tragisch, denn ich bis so gut auf dem Weg, dass etwas zusätzliche Ruhe nicht schaden kann. Morgen stehen eh wieder die 15 x 800 m an und ich werde sie noch zusätzlich etwas nachpfeffern. Da kann ich jedes Körnchen gebrauchen.

Ab heute gibts hier also alles Wissenswerte über meine Vorbereitung auf IronMadness Switzerland. Manchmal ernsthaft, manchmal spassig, manchmal etwas durchgeknallt - aber hoffentlich immer lesenswert.

Aber wieso eigentlich IronMadness? Nun, was ich vorhabe kann man meines Erachtens gut und gerne so bezeichnen: One step beyond!


Mittwoch, 6. Juni 2012

Wieso läuft jetzt der auf einmal so viel schneller?

Hand aufs Herz: Ich war eigentlich ein hoffnungsloser Fall. Was habe ich nicht alles probiert in den letzten Jahren. Ich wollte schneller laufen - beim Wollen ist es auch geblieben. Und nun, scheinbar aus dem Nichts, ohne Vorankündigung geht es auf einmal schneller - recht viel schneller!

Das kann nicht mit rechten Dingen zugehen? Oder etwa doch?

Nun, erst einmal gilt es festzuhalten, dass ich seit der Vorbereitung auf den IM Cozumel signifikant mehr laufe - in einer normalen Trainingswoche so zwischen 70 und 80 km, in Ausnahmefällen bis zu 90 km. Ich laufe nie einfach nur so drauflos, arbeite viel am Berg, mache hammerharte Intervall-Einheiten und gehe regelmässig einmal die Woche in die Massage - ohne geht es nicht.

Und: ich laufe nicht mehr auf der Bahn. Die Intervalle laufe ich auf gut ausgebauten Wegen oder Asphalt. Die Bahn killt mich und meine Muskulatur. Zudem verzichte ich darauf, meine Grundschnelligkeit verbessern zu wollen - geht nicht mehr mit 55 Jahren. Dafür arbeite ich am Wettkampfspeed, an der Standfestigkeit und speziell der 2. Marathonhälfte. Da liegen nämlich noch 15 Minuten Verbesserungspotential auf der Strasse. Ohne Gefahr, mich zu verletzen!!

Nun aber zu den beiden wirklich entscheidenden Punkten:

  1. Der Bewegungsradius. Ich habe stark verkürzte Hüftbeuger - kommt vom jahrelangen Velofahren und geht bis in meine Kindheit zurück. So blieb ich unter dem Körperschwerpunkt immer kleben, entwickelte keinen natürlichen Versenhub und damit auch keinen Kniehub - und schon gar keine Flugphase.

    Mit drei gezielten Übungen habe ich an der Verbesserung dieses Radius gearbeitet und es geschafft, nach hinten beweglicher zu werden. Das Resultat: ein längerer Schritt, mehr Raumgewinn und somit bei gleichbleibender Laufkadenz eine schnellere Zeit.
  2. Das subjektive Tempogefühl. Ich musste lernen, dass ein schneller Halbmarathon eine ganz andere Belastung des gesamten Laufapparats und des cardiovasculären Systems (der Pumpe!!) bedeutet, als ich aufgrund meiner Trainingswerte angenommen hatte. Ganz einfach: Schnell laufen tut einfach weh und geht ans Lebendige - das gilt für Weltklasseläufer genauso, wie für uns Hobbysportler.

    Ich gebe ganz einfach viel mehr Gas als früher, laufe härter, versuche an mein Limit oder sogar darüber zu gehen und um alles in der Welt das Ding nach Hause zu bringen. Wenn das ein erstes Mal gelungen ist, geht eine Türe in einen neuen Raum auf. Und da liegen die schnelleren Zeiten!
Also, keine Hexerei, es geht alles mit rechten Dingen zu. Nach langen Jahren des erfolglosen Pröbelns habe ich nun endlich die richtigen Fäden gefunden, die ich ziehen muss. Gott sein Dank - jetzt muss ich das nur noch auf den Marathon umlegen. Wünscht mir Glück, denn das brauchts auch!

Endlich eine gescheite Flugphase -
ohne dafür eine einzige Flugmeile ausgegeben zu haben!

Dienstag, 5. Juni 2012

IM 70.3 Switzerland: Die Kunst einen Platten zu beheben.

Rappi unterscheidet sich grundlegend von anderen IM 70.3 rund um den Globus. Während die Pros üblicherweise um 7.00 Uhr und die Age Grouper in der folgenden Stunde starten, geht es hier erst um 9.00 Uhr los und die Startwellen sind über zwei Stunden verteilt. Will heissen: Tagwache easy um 6.00 Uhr anstatt 3.00 Uhr, gemütlich Frühstücken und dann in der Wechselzone entspannt mit den vielen Kollegen ein Schwätzchen halten.

So auch letzten Sonntag. Einzig der gröbere Wolkenbruch kurz vor acht Uhr brachte auch in meine Vorbereitung etwas Aufregung. Ansonsten: Business as usual.

Mit diesem 70.3 verbindet mich eine wahre Hassliebe - top oder flop. 2008 Aufgabe, 2009 Sieg in der M50, 2011 Aufgabe. Die Velostrecke macht mir echt zu schaffen. Und trotzdem wollte ich noch einmal starten, nicht nur, weil es die letzte Austragung war. Vielmehr wollte ich einen echten Härtetest unternehmen und herausfinden, wie ich körperliche und mentale Müdigkeit wegstecken kann und wie viel Fighting Spirit in mir steckt.

Die Vorbereitung war darauf ausgerichtet, dass ich voll aus dem Training heraus müde an den Start gehen würde. Also nur ein Tag Erholung nach St. Pölten und am Samstag nur einen Tag Tapering. Und am Samstag bot sich mir folgendes Bild: Gute Arme und viel Luft beim Schwimmen, zähe Beine auf dem Velo und erstaunlicherweise ein leichtfüssiger Schritt beim Laufen.

Meine Renntaktik stellte ich mir wie folgt zusammen: Hart schwimmen - all out, auf dem Velo die Beine zu Mus fahren - sie sollten gegen Ende krämpfeln, Laufen am Limit.

Um 10.20 ging das Horn und ich legte los wie die Feuerwehr. Ich wollte so lange wie möglich hinter dem Führungskanu schwimmen, denn meine Schwimmbrille beschlug sich und nichts hielt sich davon ab, mir die Sicht zu rauben. Gegenuhrzeigerkurse sind Gift für mich, weil ich links fast nichts sehe und es mich darum leicht nach rechts zieht. Als dann Alfi nach ca. 600 m das Zepter übernahm hatte ich schon Schwierigkeiten das Kanu zu sehen. Auf dem Rückweg leistete ich mir den Luxus, rechts von den Boot im Niemandsland zu schwimmen!! Aber ich konnte Hämmern wie blöd und nachdem ich ich auch den Ausstieg gefunden hatte, kam ich nur rund eine Minute hinter Alfi aus dem Wasser.

Dann geschah, was sich am Samstag bereits angedeutet hatte. Ich konnte zwar ordentlich wegfahren, aber der Druck auf den Pedalen war doch eher bescheiden. Als ich in Schmerikon endlich das Gefühl hatte, es sei etwas mehr Sauerstoff transportierendes Blut in meinen Oberschenkeln angekommen, warf mich der Witches Hill hochgradig ab. Hochkriechen anstatt hochfahren!! Es fühlte sich an, wie wenn ich in beiden Oberschenkel einen Platten hätte.

Nun war mentale Stärke gefragt. Bald schon wurde ich in meiner AK nach hinten durchgereicht. Ich sagte mir: Pack aus, was du auspacken kannst, Schwamm drüber, mach dein eigenes Ding. Kampf und Krampf statt Fliegen und Geniessen. Und ich spürte, dass ich kontinuierlich Zeit verlor. Das Resultat war die mit Abstand langsamste Velozeit ever in Rappi. Aber die Krämpfe waren trotzdem da - gut so, denn jetzt galt es, meine Laufzeit von St. Pölten zu bestätigen.

Ich nahm mir etwa einen Kilometer Zeit, meinen Laufrhythmus zu finden. Dummerweise machte mein Magen nicht wirklich mit und ich konnte bis ca. Kilometer 15 nicht verpflegen. Aber ich lief voll am Limit, trank viel und sammelte einen nach dem anderen meiner M55-Kollegen wieder ein. Eine völlig neue Erfahrung für mich. An dieser Stelle eine grossen SORRY an alle, die mich lautstark angefeuert haben. Ich habe euch wahrgenommen, aber ich konnte es nicht zeigen, denn mein Fokus war total aufs Laufen und Kämpfen ausgerichtet.

Als ich endlich wieder einen Gel zu mir nehme konnte, wuchsen mir noch einmal Flügel. Ich lief prompt die zweite Runde schneller, als die erste! Und mit 1:37:03 gelang mir eine Zeit, die ich höher einschätze, als diejenige in St. Pölten. Rappi ist etwas länger und mit der Altstadtpassage mit Stairway to Heaven und dem Kopfsteinpflaster wesentlich schwieriger zu laufen.

Mein Fazit: Test vollauf gelungen! Nach platten Oberschenkeln auf dem Velo konnte ich diese beheben und laufen, wie ich es noch vor nicht allzulanger Zeit nicht für möglich gehalten hätte. Mein 7. Platz in der M55 zeigt, wie stark das Rennen besetzt war. Gratulation an die Herren vor mir, allen voran Alfi Caprez, der in 4:35 Std. das Feld wieder einmal zerstört hat!!

Nun liegt der Fokus voll und ganz auf dem IM Switzerland - und dem Marathon. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Ich träume schon von einer signifikanten Verbesserung meiner Laufzeit. Nun, wie sagt Georges Bürgi immer so schön: we will see!

Nicht auf der Flucht aus dem Restaurant -
auf der Flucht nach vorne!


Samstag, 2. Juni 2012

Ironman 70.3 Switzerland: Same, same but different - Episode 7


Der Tag der Wahrheit rückt näher. Nachdem ich gestern schon um 20.30 Uhr die Lichter ausgemacht und vorher eine proteinreiche Mahlzeit zu mir genommen habe, staunte ich heute Morgen nicht schlecht über die anabole Wirkung dieser legalen Dopingstrategie.

Wenn ich am Sonntag Morgen um 10.20 Uhr mit der Startnummer 2344 ins Rennen gehe, werde ich sicher einige Blicke auf mich ziehen. Die Beine sind parat und beim Schwimmen werde ich, wie üblich, durch den See hämmern.

Bleibt nur zu hoffen, dass mir nach der wundersamen Transformation letzte Nacht mein Neoprenanzug nicht doch etwas zu eng geworden ist!

Freitag, 1. Juni 2012

IM 70.3 Switzerland: Same, same but different - Episode 6


Die Schuhe mit Raketenantrieb aufgemotzt, Helmspoiler für hohe Kurvengeschwindigkeiten und chip-getuntes Scheibenrad für mehr Aerodynamik - materialmässig ist alles bestens vorbereitet. Den Elektrolythaushalt habe ich mit hochisotonischem alkoholfreien Weissbier auf Topniveau gebracht. Die Lichter gehen auch früher aus, damit die kostenlose und superwirksame Dopingwaffe Schlaf voll einfahren kann.

Eigentlich habe ich an alles gedacht, damit Rappi zum grandiosen Erlebnis werden kann. An alles? Da war doch noch was - richtig: die Wettkampfverpflegung.

Wie bereits angekündigt werde ich auf der Laufstrecke auf die offiziellen Verpflegungsprodukte des Veranstalters zurückgreifen. Das schliesst auch Cola von der ersten Aidstation an ein. Das Zeugs fährt einfach zu geil ein, um darauf zu verzichten.

Auf dem Rad habe ich ein neues Wunderfuel getestet: Rocket Formula. Absolut leicht verträglich, da für empfindliche Babymägen entwickelt. Lecker einzunehmen, vorzugsweise aus dem Trickfläschchen anstatt dem Bidon.

Bleibt nur zu hoffen, dass es, unter Wettkampfbelastung eingenommen, nicht das eine oder andere zusätzliche Bäuerchen verursacht!