Sonntag, 30. September 2012

Bye, bye Käpfnach!

Mit einem lachenden und einem weinenden Auge galt es heute Abschied zu nehmen vom Sportbad Käpfnach - es schliesst heute Abend um 19.00 Uhr seine Pforten für die Saison 2012. Nun heisst es wieder sieben Monate Bahnkampf im Hallenbad Adliswil.

Als Fast-Horgener, aber weit entfernt vom Seebueb, ist mir dieser Flecken Erde am Zürichsee besonders ans Herz gewachsen. So sehr, dass ich diesen Sommer so viel geschwommen bin, wie noch nie in meinem Triathlon-Leben. Zuletzt addierten sich die Einheiten auf über 15 km pro Woche. Das so erworbenen gute Schwimmgefühl trägt mich hoffentlich auch im Pazifik schnell über die 3.8 km in der Bucht vor Kona.

Tja, jetzt wo die Pforten schliessen, stellen sich einige existentielle Fragen. Wo soll ich nun den wohlverdienten Kaffee und Kuchen geniessen? Wer macht mir ruck-zuck einen Teller feine Spaghetti all'Arabiata? Wo trifft man am Sonntag Morgen viele bekannte Gesichter? Wo wird man während dem Schwimmen einfach so schön braun?

Nun, die Antwort ist einfach: Geduld haben und bis am 1. Mai 2013 warten. Dann öffnet sich das Gitter wieder und - da bin ich mir ganz sicher - auch Sams Schmirgelpapier-Stimme wird wieder in voller Lautstärke erklingen!

Idyllisch - in herbstlichem grau-in-grau!





Ein letzter Blick auf das Becken!

Mittwoch, 26. September 2012

First day of last times.


Heute in einer Woche sitze ich im Flieger. 24 Stunden werde ich unterwegs sein. Und wenn ich aus dem Flugzeug aussteige, wird es garantiert innert 60 Minuten einmal kurz zu regnen beginnen. Wieso? Weil das immer so ist, wenn ich an eine exotische Destination reise.

So war denn heute der erste Tag der letzten Male - First day of last times. Jede Trainingseinheit wird die letzte in dieser Form vor dem grossen Saisonfinale sein - und wahrscheinlich auch im 2012. Schon eigenartig: Seit dem 28. November 2011 weiss ich, dass mein Traum vom 2. Hawaii-Start am 13. Oktober 2012 wahr werden wird. Erst scheint es ewig zu dauern, dann macht es wusch und das Ereignis steht vor der Tür.

Gut so, dass es bald los geht. Und weil eben jede Trainingseinheit zum letzten Mal absolviert wird, will man auch die Gewissheit haben, dass die Form stimmt. Schliesslich hat man viele Referenzeinheiten aus den vergangen Monaten, die zum Vergleich herangezogen werden können.

So gings heute Morgen los mit der Laufeinheit 15 x 800m-Intervalle. Wenn mich eine Einheit zum besseren Läufer gemacht hat, dann diese. Und die 15 800er bin ich schon richtig schön schnell gelaufen (Anmerkung für alle, die das auch machen wollen: ich laufe 5 x 800m mit 200m Trabpause, dann 5 x 500m hill reps mit 500m runter laufen, dann noch einmal 5 x 800 - im flachen Gelände und nicht auf der Bahn!!)

Wenn diese Einheit gut läuft, dann weiss ich, dass ich gut in Form bin. Nun, ich bin sie schon etwas schneller gelaufen als heute früh, aber nur etwas. Und es fühlte sich etwa so an:




Dann ging es weiter ins Sportbad Käpfnach. Ja genau, draussen - noch bis nächsten Sonntag, dann ist auch dort leider Schluss für dieses Jahr. Um diese Jahreszeit herrschen dort perfekte Trainingsbedingungen, zumindest was den Platz in der Bahn angeht. Die Triathleten haben sich entweder schon ins Hallenbad verabschiedet oder machen ihre Winter-Schwimmpause. Gut so, jedem das seine.

Auf dem Papier hiess es 4 x 1000m im höchstmöglichen gleichmässigen Tempo, mit 60s Pause. (Anmerkung für alle, die das auch machen wollen: ist so einfach, da brauchts keine A4-Seite mit Workout-Anleitung) Selbstverständlich mit Pull-buoy und Paddles. Weils so schön war, schwamm ich die 4000m gleich durch.

Wenn ich bei dieser Einheit das Gefühl habe, ich kann auf dem letzten 1000er noch einmal einen Zahn zulegen, dann weiss ich, dass ich in Form bin. Und das konnte ich - es fühlte sich etwa so an:




Dann gings weiter zu Nicole in die Massage. Sie durfte ein letztes Mal so richtig tief hineingehen. Aber sie konnte so tief gehen wie sie wollte, da war nichts zu finden, was mir auch nur den Hauch eines Schmerzes verursacht hätte. So fühlte es sich an:



Kurz: alles so, wie es sein muss. Bleibt zu hoffen, dass die nächsten Tage genau in diesem Stil weitergehen. Aber was heisst schon hoffen - sie werden so weitergehen!

Dienstag, 18. September 2012

Der Mut zur Langsamkeit.

Seit ich im November 2008 angefangen habe, nach dem Prinzip der umgekehrten Periodisierung zu trainieren, bestimmen zwei Faktoren meinen Trainingsalltag: Kontinuität und Geduld. So auch in meiner Vorbereitung auf Kona.

Wenn ich meine heutigen Trainingspläne mit denjenigen vor fast vier Jahren vergleiche, hat sich daran nur wenig verändert. Einzelne Einheiten sind immer noch dieselben, andere wurden weiterentwickelt, nur wenige sind ganz neu. Wie das? Nun, diejenigen, welche neu sind, wären vor vier Jahren noch nicht möglich gewesen. Zu gross wäre die Verletzungs- und Übertrainingsgefahr gewesen. Damals schon hatte ich lange Gespräche mit Coach Sergio Borges, weil ich immer härter und mehr trainieren wollte. Er holte mich auf den Boden zurück und meinte jeweils nur trocken: You are not ready yet!

Wie recht er doch hatte. Der Beweis dafür waren nicht nur gute Resultate, sondern vor allem der Umstand, dass ich praktisch Verletzungsfrei blieb und mit ganz wenigen Ruhetagen äusserst konstant trainieren konnte. Einzig eine Hamstring-Zerrung machte mir 2010 zu schaffen, welche ich mir im Krafttraining zugezogen hatte - notabene, weil ich nach einem Wettkampf mit zu viel Gewicht arbeiten wollte.

So konnte sich mein Körper im Laufe der Zeit an die Belastungen gewöhnen und mein ganzer Bewegungsapparat wurde stärker und widerstandsfähiger. Und damit auch bereit für eine langsame Anpassung der Belastungen.

Heute zahlt sich diese Kontinuität voll und ganz aus. Auch wenn ich ab und an doch wieder etwas ungeduldig wurde, blieb ich von schwerwiegenden Konsequenzen verschont. Einzig der eine oder andere Fleck im Resultatheft zeugt davon ... ich bekam die Quittung für meine Ungeduld immer sehr schnell geliefert.

Crowie - hatte einen Platten auf der Trainingsfahrt -
Ironshark hatte zwei platte Oberschenkel im Rennen!
Im Vorfeld von Kona 2009 glaubte ich, es sei eine gute Idee, schon frühzeitig auf die Insel zu reisen. Ich wollte möglichem schlechten Wetter in der Schweiz entfliehen und den letzten Trainingsblock in der Sonne Hawaiis absolvieren. Gesagt, getan, hingeflogen, sofort trainiert und nach 10 Tagen war ich Brei. Ich hatte Jetlag und Akklimatisation einfach ignoriert und frisch, fröhlich losgeballert. Höhepunkt war eine Veloeinheit über 150 km mit Craig Alexander und Luke McKenzie!

Am Renntag war mein Rennen schon ruiniert. Keine Beine, kein gar nichts - ausser Spesen nichts gewesen: DNF!

Heuer ist alles anders. Trainiert wird hier, akklimatisiert während rund 10 Tagen auf Hawaii ... mit lächerlich kleinem Trainingsaufwand. Erprobt in Cozumel - auch hier also nichts Neues im Westen.

Und was hat das alles mit dem Mut zur Langsamkeit zu tun? Viel! Denn in den letzten vier Jahren sind meine langen Einheiten von Jahr zu Jahr langsamer geworden. Die schnellen dafür immer schneller. Langsam heisst auch, weniger Kilometer, denn was zählt ist die Zeit, die ich unterwegs war. Und in der Vorbereitung auf Kona 2012 habe ich noch einmal etwas Tempo herausgenommen.

Der Lohn: ich fühle mich prächtig. Von Tag zu Tag erhole ich mich (meist) vollständig vom Vortag - wenn nicht, gibts einen Ruhetag oder einen Rekotag. Aber das kommt selten vor. Am Abend freue ich mich auf den nächsten Tag. Ich schlafe gut und viel. Kontinuität ist Trumpf - Geduld begleitet sie.

Kona wird ein Rennen wie jedes andere. Hart. Ok, vielleicht anders hart, aber hart. Ich weiss, was auf mich zukommt. Und ich weiss, was notwendig ist, um zu reüssieren. Ich weiss, was ich kann und das ist mehr als genug, um zu siegen .... über mich selbst! Warum soll ich mich also verrückt machen und mir im letzten Moment einbilden, ich könnte noch etwas stärker werden? Das Gegenteil würde eintreten.

Plan your race and race your plan ... in meinem Fall heisst das: finishline!

Und wenn alles gut geht und ich ein gutes Rennen haben werde, dann gibt es vielleicht einen Plan für mehr ... den ich mit Kontinuität und Geduld verfolgen werde. Zeit ist ja noch viel vorhanden! Und langsamer kann ich auch noch werden!

Donnerstag, 13. September 2012

Kona, Hawaii, 13. September 2012, 07:15 Uhr.

Boom - um 07:00 knallt die Kanone
Eben gerade ist der Uhrzeiger auf 17:15 Uhr gesprungen. In Kona ist es jetzt genau 07:15 Uhr. Und weil heute der 13. September ist, geht es noch genau einen Monat, bis es soweit ist - Kilometer 1 von 226 werde ich dann zu dieser Uhrzeit hoffentlich bereits passiert haben.

30 Tage also noch. Und wieder einmal meint es der Herbst (bisher) gut mit mir. Die letzten eineinhalb Wochen waren wettermässig fast perfekt, das kleine Kälteintermezzo leicht verkraftbar in anbetracht der prächtigen Aussichten für die nächsten Tage.

So kann ich berichten, dass die Vorbereitung bislang perfekt verläuft. Mit dem motivierenden Resultat von Locarno im Gepäck macht das Training enorm viel Spass - obwohl ich seit Mitte März nun doch schon vier IM 70.3, 1 IM und eine Sprintdistanz bestritten habe. Aber, und das ist der entscheidende Punkt, der Körper verzeiht nicht mehr jeden Blödsinn, wie er das im Frühling noch tat.

Nach dem IM Switzerland wollte ich Kona im gleichen Stil vorbereiten. Ich musste jedoch einsehen, dass mein Körper bei denselben Umfängen auf einmal nach mehr Erholung fragte. Es ging eine Weile, bis ich diese Signale verstand und prompt manöverierte ich mich in ein kleines Zwischentief. So entschied ich mich gerade noch rechtzeitig, die Umfänge zu reduzieren, damit ich die Intensität beibehalten konnte.

In Locarno habe ich den Beweis erhalten, dass meine Fitness auf höchstem Level ist. Sonst hätte ich kaum eine neue IM 70.3-Bestzeit aufstellen können und mich dabei unterwegs auch noch so verdammt gut gefühlt. Und ich hätte mich auch nicht innerhalb von nur zwei Tagen so gut erholt, dass ich das Training wieder voll aufnehmen konnte.

Mit dieser Erkenntnis (man kann es auch ruhig Selbstvertrauen nennen) arbeite ich nun an dem weiter, was ich mir das ganze Jahr über erarbeitet habe. Das Ziel ist nicht besser zu werden, sondern gut zu bleiben. In den 30 verbleibenden Tagen kann ich mehr kaputt machen als dazu gewinnen.

Dies musste ich 2009 erfahren. Ich wollte dem (vermeintlich) schlechten Wetter in der Schweiz ausweichen und bin fast drei Wochen vor dem Rennen nach Hawaii geflogen. Den letzten harten Trainingsblock wollte ich bei schönem, trockenen Wetter absolvieren. So kams, dass ich ohne Akklimatisation gleich in die Vollen stieg und mich innerhalb von einer Woche zu Brei trainierte. Davon konnte ich mich bis zum Startschuss nicht mehr erholen.

Kaffeepause gibt's nur im Training!
Heuer geht es erst 10 Tage vorher los. Arbeit abgeschlossen. Leichtes Tapering und vor allem gute Akklimatisation. Erprobt in Cozumel. Und das geht hoffentlich auch beim Event aller Events wieder gut auf.

Ob es wohl reichen wird für einen
daylight finish - egal, Hauptsache
finish!

07:40 Uhr - auf dem Rückweg, kurz vor dem 3. Kilometer. Und wenn es klappt, werde ich in 30 Tagen und 20 Minuten in die Pedalen treten, die Palani Road hoch fahren und meine Beine werden sagen: Malaho!!

Donnerstag, 6. September 2012

Offener Brief an Swiss Triathlon.

Sehr geehrte Damen und Herren

Am letzten Sonntag nahm ich in Locarno am Triathlon über die Medium Distanz (1.9/90/21.1) teil. Dem Veranstalter und den vielen Helfern möchte ich an dieser Stelle für eine gute und engagierte Organisation dieses Anlasses danken. Leider war die Leistung der durch Swiss Triathlon gestellten Schiedsrichter mehr als dürftig. Meine nachfolgenden Ausführungen beruhen auf meinen Erlebnissen auf der Velostrecke.

Auf der Website von Swiss Triathlon heisst es:

Die Schiedsrichter von Swiss Triathlon sorgen für faire und sichere Wettkämpfe. Sie müssen die Wettkampfregeln, Reglemente, Statuten, Weisungen und Publikationen von Swiss Triathlon zur Anwendung bringen.

Und:

Swiss Triathlon ist bestrebt, durch einen qualitativ hochwertigen Schiedsrichterdienst faire und sichere Wettkämpfe zu garantieren. Die Grundlagen dafür werden in den entsprechenden Ausbildungskursen geschaffen.  

Davon war in Locarno wenig bis gar nichts zu spüren. Vor allem bei der Durchsetzung der Wettkampfregeln waren erhebliche Defizite vorhanden.

Im Wettkampfreglement heisst es:

1.2 Zweck:
a.) Das Wettkampfreglement bezweckt:
  .....
(iv) Sanktionen gegen Athleten, die unzulässige Vorteile erlangen.

 Und:

7.6 Sanktionen im Fall von Drafting
a.) Das Drafting ist bei einem Rennen ohne Drafting untersagt.
b.) Die Schiedsrichter setzen die Athleten, die das Drafting-Verbot nicht beachten, davon in Kenntnis, dass gegen sie eine Zeitstrafe verhängt wird. Diese Erklärung muss eindeutig sein.
c.) Der sanktionierte Athlet muss in der nächsten Strafzone anhalten und dort bleiben während einer bestimmten Dauer, die von der Länge des Rennens abhängt: 1 Minute bei Sprint-Rennen, 2 Minuten bei Standard-Distanz und 5 Minuten bei langer Distanz.
d.) Es obliegt dem Athleten, in der Strafzone anzuhalten. Tut er dies nicht, so wird er zu einer zusätzlichen Zeitstrafe von 15 Minuten verurteilt (Sprint- oder Standard-Distanz) oder von 30 Minuten (lange Distanzen).
e.) Eine zweite Verletzung des Drafting-Verbots führt zur Disqualifikation ( Standard- oder kürzerer Distanz).


Zudem heisst es, dass erst eine mündliche Verwarnung ausgesprochen werden kann, aber nicht muss. Diese kann durch einen Pfiff erfolgen.

Nun, ich bin in Locarno von Kilometer 60 - 90 hinter einer ca. 25-30 Teilnehmer umfassenden Gruppe hergefahren. Am Schluss einer Gruppe ist es am einfachsten, die geforderten 10m Abstand zum Vordermann einzuhalten. Voraus fuhren drei Athleten, welche sich Regelkonform verhielten. Am Schluss ebenfalls. Alle anderen haben während rund 40 Minuten ununterbrochen gegen die Drafting-Regel verstossen. Ausnahmslos und kontinuierlich.

Ständiger Begleiter war ein Schiedsrichter, der alle 2-3 Kilometer neben den Pulk fuhr und wild in der Gegen herumtrillerte. Ob und wie viele Penalties er ausgesprochen hatte, konnte ich ich nicht einwandfrei feststellen, aber ich habe ihn keine Karten zücken sehen.

Ich möchte auch festhalten, dass sich mindestens 60% aller Teilnehmer in solchen Pulks über die Radstrecke bewegt haben und folglich hätten bestraft werden müssen.

Laut Rangliste wurden 8 Teilnehmer mit 15 Minuten Penalty belegt, weil sie ihre Zeitstrafen nicht abgesessen hatten. Ihnen war also nicht klar, dass sie eine erhalten hatten. Dies bestägtigt mich in der Beobachtung, dass die Schiedsrichter nicht klar kommuniziert hatten.

Das bringt mich zur Schlussfolgerung, dass die Schiedsrichter offenbar sehr schlecht ausgebildet sind. Laut Reglement müssen sie Windschattenfahren ahnden. Es ist keine Ermessensfrage bei einem Pulk, wo Dutzende Teilnehmer über Kilometer hinweg Rad and Rad fahren. Diese Teilnehmer MÜSSEN laut Reglement bestraft werden. Die Schiedsrichter hingegen sind offenbar entweder blind oder ganz einfach mutlos.

Alle Teilnehmer in Locarno hatten entweder eine gültige Swiss Triathlon Competition-Lizenz oder eine Tageslizenz à Fr. 30.-. Dafür habe sie auch das Recht auf einen reglementskonformen Wettkampf erworben.

Sie müssen sich davon verabschieden, die Verantwortung und den schwarzen Peter immer den Teilnehmern zuzuschieben und an deren Fairplay zu appellieren. Unsere Gesellschaft kennt immer weniger Fairplay und so wird inzwischen auch im Triathlon beschissen, was das Zeugs hält.

Was nützen Schiedsrichter, die wie pfeiffende Hampelmänner in der Gegen herumfahren und hier und da einmal einen Sünder herauspicken, während rund herum gedraftet wird, was das Zeugs hält? Wer konstant am Hinterrad klebt, gehört bestraft - ist doch eigentlich total einfach, oder etwa nicht?

Ich freue mich auf Ihren Feedback.

Freundliche Grüsse

Gilbert Fisch

Dienstag, 4. September 2012

Back to the future.

Nein, meine Freunde, heute geht es nicht um Marty McFly oder  Dr. Emmet "Doc" Brown. Es geht auch nicht um den Flux-Kompensator, der das Reisen durch die Zeit möglich macht.

In meiner heutigen Geschichte spielt ein anderer "Doc" die Hauptrolle: Brett Sutton, aka "Doc". Täglich zu lesen auf twitter unter @trisutto.

Ja genau, der Coach, welcher Chrissie Wellington und Caroline Steffen "gemacht" hat und aus Nicola Spirig eine Olympiasiegerin, und, und, und.

Es ranken sich viele Geschichten um seine Arbeit als Triathlon-Coach. Wo viel Erfolg ist, findet man auch viel Neid. Er schert sich einen Dreck darum, was andere über ihn denken und konzentriert sich 120% um seine Athleten. Seine Ansichten sind kontrovers, kernig aber immer ehrlich auf den Punkt. Kurz: der Mann imponiert mir.

Vor wenigen Tagen nun las ich auf twitter folgendes:

"Appreciate what you have, in the now, don't let the hope of what you want in the future devalue what you already have. It's a common mistake."

Das traf mich wie ein Hammer. Wieso denn das?, werdet ihr euch fragen. Das Zitat ist weder emotional noch herzergreifend. Und dennoch musste ich erst einmal leer schlucken, als ich es las.

Bis zu meinem fantastischen Rennen in St. Pölten (Anm.: ich fühlte mich fantastisch!) hatte ich mit absolutem Gleichgewicht zwischen Belastung und Erholung trainiert. Ich bewegte mich im hier und jetzt, der Fokus war auf den Tag ausgerichtet und was der Körper im Stande war zu leisten.

Dann der Sieg und die ersten Gedanken an den Ironman Switzerland. Gedanken wie: Ich kann das Rennen gewinnen. Und: Was muss ich ändern, damit ich noch stärker werde? "It's a common mistake.", sagt Doc. Und recht hat er. Ticken wir nicht (fast) alle so? Glauben wir nicht alle daran, dass nur mehr machen zum gewünschten Erfolg führt?

Ich bin darauf hereingefallen. Ich habe mehr gemacht, den Pfad des Erfolgs verlassen, weil ich das, was ich erreicht hatte, nicht ausreichend würdigen konnte. Und was ist passiert? IM Switzerland wurde eine Enttäuschung, weil ich nie das Gefühl hatte, mein wirkliches Potential abrufen zu können.

Heute bin ich zurück in der Zukunft. Seit meinem Trainings-Wiedereinstieg arbeite ich wieder nach der Maxime: Was ist heute möglich? Heute, und nicht, was ist notwendig, um in der Zukunft besser zu sein. Der erste Erfolg hat sich bereits am Sonntag in Locarno eingestellt. Als ich durchs Ziel lief, war ich glücklich - obwohl der Speaker mich als 2. der AK ausrief. Ich war glücklich, dass ich alles, was ich drin hatte auch abrufen konnte. Mehr war nicht da!

Was ich heute habe + kontinuierliche Arbeit = zukünftiges Leistungspotential. So einfach und doch so schwer einzuhalten. Weil wir allzu oft zu viel denken und zu wenig fühlen.

Eines weiss ich heute schon: Ich werde am 13. Oktober topfit an der Start gehen. Ich werde ausgeruht sein und ich bin mir sicher, dass ich alles abrufen kann, was in mir steckt. Mehr zu erwarten wäre unklug und vermessen.

Montag, 3. September 2012

Beissen, lutschen, lecken.

Bis dato war der Triathlon Locarno so etwas wie der offizielle Saisonschluss in der Schweiz. Nicht in diesem Jahr, findet in zwei Wochen doch noch der Triathlon Murten statt. Ah ja, und dann sind da ja noch die Las Vegas- und Hawaii-Fahrer, für welche die Saison noch etwas länger dauert.

Aber nichts desto trotz kam am Samstag und Sonntag rund um das Lido aufgeräumte Saison-Schlussstimmung auf. Nachdem sich der Samstag wettermässig noch von der garstigen Seite mit nur 9° Lufttemperatur und Regen zeigte, klarte es tags darauf wunderbar auf und ein Mix aus Sonne und Wolken bescherte uns perfekte Rennbedingungen. Immer unter der Voraussetzung, dass 16° Wassertemperatur zu den bevorzugten Bedingungen gehören - ich mags genau so, wenn im Neopren geschwommen werden darf.

Zum ersten Mal wurde die Medium Distance über die klassische IM 70.3-Distanz ausgetragen - im Gegensatz zu den Vorjahren, wo jeweils 2,4 km geschwommen, 80 km Rad gefahren und 20 km gelaufen wurden. Eh wurscht, Hauptsache es macht Spass.

Besonders angenehm sind in Locarno auch die Startzeiten. Anstatt schon morgens um 7 Uhr geht es für die Halbeisenmänner und -frauen erst um 8.45 Uhr los. Dennoch schien ich an diesem Sonntag Morgen einfach nicht so recht in die Gänge zu kommen, wie diese heimlich gemachte Aufnahme zweifellos dokumentiert:
Nein, Ironshark plant keine Bissattacke gegen Urs Müller!
Als der Startschuss fiel, war ich allerdings hellwach. Der Landstart in Locarno ist etwas problematisch, rennt man doch auf unebenem Geröll ins flache Wasser und muss froh sein, wenn die Füsse ganz bleiben. Wie auch immer, es ging sehr zügig los und schon nach der ersten Boje formte sich eine schnelle zweite Gruppe, in der ich Unterschlupf fand und so bis zum Schwimmausstieg von Wasserschatten profitieren konnte. Ich staunte nicht schlecht, als ich neben Urs Müller aus dem Wasser kam (nein, ich habe auch nicht in seine Waden gebissen).

In den 28:29 Min. war dann auch noch die rund 300m lange Laufstrecke in die Wechselzone mit inbegriffen - eine schnelle Zeit also.

Auf dem Rad fand ich schnell meine Beine und einen guten Rhythmus. Die drei, vier Veloraketen, welche mich auf den ersten 15 km passierten konnte ich getrost ignorieren - unter ihnen war der eine oder andere Kandidat auf den Tagessieg. Dann kam eine erste Gruppe mit ca. 8 Fahrern. Alle etwas kurzsichtig, wie mir schien, denn den Abstand zum Vordermann hätte man gut und gerne verdoppeln müssen, um im legalen Bereich zu sein. Die waren mir einfach zu schnell und ich wollte auf keinen Fall wieder einen Drafting-Penalty erhalten - also liess ich sie ziehen.
So fuhr ich bis Kilometer 60 alleine. Nach den Wendepunkten sah ich aber, dass hinter mir drei sehr grosse Gruppen kamen. Alle mit derselben Anatomie: Vorne drei Tempomacher mit ordentlichem Abstand, dann der Pulk in bester Tour-de-France-Manier und hinten wieder drei, die mit sauberem Abstand legal Körner sparten. Ich überlegte mir, ob ich Dampf herausnehmen und auf die erste Gruppe warten sollte. Nicht mein Ding - aber nach 60 km war es soweit und ich wurde eingeholt. So setzte ich mich an den Schluss und hielt sauber meinen Abstand.

Vor mir spielte sich ein unwürdiges Spektakel ab. Während rund 20 km fuhr ein Marshall immer wieder neben den Pulk und trillerte wie wild mit seiner Pfeife. Ich konnte nicht erkennen, ob er Karten austeilte oder nicht. Wie auch immer, nichts änderte sich daran, dass die Damen und Herren unbeirrt Rad and Rad fuhren. Wer so über 90 km kommt, der hat immer noch Hammerbeine für die Laufstrecke.

Meine letzten 30 km waren dann das reinste Vergnügen. Ich hing hinten an der Gruppe und auch mit über 10 Metern Abstand war der Aufwand ein Bruchteil dessen, was ich auf der ersten 60 km leisten musste. Und der Schiedsrichter hat mich nicht einmal streng angeschaut! Es geht also doch, man muss einfach Geduld zeigen. Und nach vorne zu fahren um Tempo zu machen bringt nichts, weil bei 45 - 50 km/h keiner weg kommt.

In den Laufschuhen gings ab wie die Feuerwehr - da waren sie wieder, meine Laufbeine. Alles stimmte und ich konnte auch so richtig beissen. Ich war richtig flott unterwegs und stellte bei der zweiten von vier Zielpassagen fest, dass ich die Runde eben in 22 Minuten gelaufen war. Das war mehr als flott, das war richtig schnell. Und so gab ich bis zur Ziellinie alles, was noch drin steckte.

Mit 4:26:01 Std. stellte ich eine neue persönliche Bestzeit für einen 70.3 auf und die 1:29:15 Std. waren noch einmal besser als in St. Pölten. Ok, kann ja sein, dass da beim Messen der Laufstrecke nicht ganz 21.1 km zusammen kommen. Aber egal, wichtig war das Gefühl, alles aus mir herausholen zu können und auf hohem Niveau durchgelaufen zu sein.

Dass mich Jürg Mallepell in der Endabrechnung um gut 4 Minuten hinter sich gelassen hatte, konnte ich angesichts eines fast perfekten Wettkampfs leicht verkraften. Und sowieso, von einem Vize-Weltmeister geschlagen zu werden ist keine Schande.



So endete ein toller Wettkampf mit vielen Glückshormonen. Und der Erkenntnis, dass Triathlon zu so etwas ähnlichem wie Gelato essen geworden ist. Bekanntlich gibt es ja drei unterschiedliche Arten, ein Gelato zu geniessen. Die einen beissen, andere lutschen und wieder andere lecken. Echte Triathleten respektieren die Regeln und beissen. Zumindest der Wille dazu sollte in jedem Schlummern. Dann gibt es diejenigen, die immer einmal wieder am Hinterrad des Vordermannes lutschen - wenn kein Marshall da ist, etwas mehr als weniger. Ganz nach dem Motto: Gelegenheit macht Diebe. Leider gibt es aber immer mehr, die weder die Regeln kennen, noch Anstand besitzen und sich durch die "Leckt mich doch am Arsch"-Attitüde hervortun. Tja, auch der Triathlon ist halt im Endeffekt nur ein Spiegelbild der heutigen Gesellschaft.