Sonntag, 8. April 2012

Zeit, Eier zu zeigen.

Ostern hat sich ja wieder einmal kaum von der Seite gezeigt, die wir uns alle erhofft haben. Anstatt eine Verlängerung des höchst willkommenen warmen und trockenen Vorfrühlings begleiten uns Nässe, Kälte und heute sogar Graupelschauer. Nur die Osterhasen ereilte dasselbe Schicksal wie jedes Jahr - völlig unabhängig vom Wetter: Sie werden wie immer gnadenlos gebissen und arg verstümmelt. Und Millionen von Ostereiern ging es kaum besser: Ihnen wurde brutal Kopf und Hintern eingeschlagen.

Da wundert es mich, dass es nicht schon lange eine Bewegung gegen die Brutalität an wehrlosen Objekten an Ostern gibt. Scheinbar hat niemand die Eier, gegen diese barbarischen Bräuche vorzugehen. Trotzdem gibt es Menschen, die heute Eier gezeigt haben ... oder aber gar nicht!

Unglaublich Eier gezeigt hat heute Tom Boonen bei Paris-Roubaix, dem Frühjahrsklassiker schlechthin. Mit einem faszinierenden Kraftakt in der Manier des abwesenden Spartakus Cancellara hat er über 60 km vor dem Ziel alle seine Begleiter stehen gelassen und ist im Velodrome von Roubaix solo als überlegener Sieger eingefahren. Zudem hat er den Rekord von vier Siegen von Roger de Vlaeminck egalisiert. Grossartiger Radsport eines grossartigen Athleten.

Gar keine Eier gezeigt hat wieder einmal die katholische Kirche. Sein weltliches Oberhaupt Papst Benedikt XVI - inzwischen zum Popstar avanciert - hat zwar brav seinen Ostergruss in 65 Sprachen verkündet und wie immer zu einigen Krisenherden einen Appell zu Frieden gesprochen. In einem vom Kirchenprotokoll abweichenden Schritt stellte sich zuvor der Dekan des Kardinalskollegiums, Angelo Sodano,  ausdrücklich hinter den Papst, der wegen des Skandals mehrfach persönlich angegriffen worden ist. Das Volk Gottes werde auf Geplapper nicht hören, bekräftigte Sodano. „Die ganze Kirche ist mit Ihnen“, sagte der Kardinal dem knapp 83-jährigen Kirchenoberhaupt. Na ja, die Australier habe sich auch erst 2008 für das an ihnen begangen Unrecht bei den Aborigines entschuldigt, die amerikanischen Ureinwohner warten heute noch darauf. Arm!

Am nächsten Sonntag wird in Wallisellen die neue Triathlon-Saison offiziell gestartet. Dann können wir Triathleten wieder Eier zeigen. Der erste Wetterbericht verheisst kühles und vielleicht auch nasses Wetter. Eigentlich kein Problem, für beste Akklimatisation haben ja diese Ostern gesorgt. An dieser Stelle wünsche ich allen Teilnehmern, dass sie auf die Zähne beissen und ihnen die erste Standortbestimmung gelingt.

Beim mir dauerts noch bis zum 20. Mai, bis ich in St. Pölten wieder am Start eines IM 70.3 stehen werde. Ich denke, der April wird wie jedes Jahr noch einige Kapriolen schlagen und die Vorbereitung hin und wieder etwas durcheinander bringen. Dann heisst es halt wieder Eier zeigen und den Widrigkeiten trotzen.

Meinen Weg nach St. Pölten - eine wichtige Zwischenstation auf dem Weg nach Kona - werde ich wie immer an dieser Stelle dokumentieren. Ich habe mich entschlossen, wieder etwas mehr Einblick in mein Training zu geben. Und ich werde es mir auch nicht nehmen lassen, hin und wieder heisse Eisen und kontroverse Themen an zufassen. Und wer mir widersprechen will oder eine andere Sicht der Dinge hat, der hat hoffentlich auch die Eier für eine angeregte Diskussion oder das eine oder andere Streitgespräch. Ich freue mich drauf.

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