Dienstag, 5. Juni 2012

IM 70.3 Switzerland: Die Kunst einen Platten zu beheben.

Rappi unterscheidet sich grundlegend von anderen IM 70.3 rund um den Globus. Während die Pros üblicherweise um 7.00 Uhr und die Age Grouper in der folgenden Stunde starten, geht es hier erst um 9.00 Uhr los und die Startwellen sind über zwei Stunden verteilt. Will heissen: Tagwache easy um 6.00 Uhr anstatt 3.00 Uhr, gemütlich Frühstücken und dann in der Wechselzone entspannt mit den vielen Kollegen ein Schwätzchen halten.

So auch letzten Sonntag. Einzig der gröbere Wolkenbruch kurz vor acht Uhr brachte auch in meine Vorbereitung etwas Aufregung. Ansonsten: Business as usual.

Mit diesem 70.3 verbindet mich eine wahre Hassliebe - top oder flop. 2008 Aufgabe, 2009 Sieg in der M50, 2011 Aufgabe. Die Velostrecke macht mir echt zu schaffen. Und trotzdem wollte ich noch einmal starten, nicht nur, weil es die letzte Austragung war. Vielmehr wollte ich einen echten Härtetest unternehmen und herausfinden, wie ich körperliche und mentale Müdigkeit wegstecken kann und wie viel Fighting Spirit in mir steckt.

Die Vorbereitung war darauf ausgerichtet, dass ich voll aus dem Training heraus müde an den Start gehen würde. Also nur ein Tag Erholung nach St. Pölten und am Samstag nur einen Tag Tapering. Und am Samstag bot sich mir folgendes Bild: Gute Arme und viel Luft beim Schwimmen, zähe Beine auf dem Velo und erstaunlicherweise ein leichtfüssiger Schritt beim Laufen.

Meine Renntaktik stellte ich mir wie folgt zusammen: Hart schwimmen - all out, auf dem Velo die Beine zu Mus fahren - sie sollten gegen Ende krämpfeln, Laufen am Limit.

Um 10.20 ging das Horn und ich legte los wie die Feuerwehr. Ich wollte so lange wie möglich hinter dem Führungskanu schwimmen, denn meine Schwimmbrille beschlug sich und nichts hielt sich davon ab, mir die Sicht zu rauben. Gegenuhrzeigerkurse sind Gift für mich, weil ich links fast nichts sehe und es mich darum leicht nach rechts zieht. Als dann Alfi nach ca. 600 m das Zepter übernahm hatte ich schon Schwierigkeiten das Kanu zu sehen. Auf dem Rückweg leistete ich mir den Luxus, rechts von den Boot im Niemandsland zu schwimmen!! Aber ich konnte Hämmern wie blöd und nachdem ich ich auch den Ausstieg gefunden hatte, kam ich nur rund eine Minute hinter Alfi aus dem Wasser.

Dann geschah, was sich am Samstag bereits angedeutet hatte. Ich konnte zwar ordentlich wegfahren, aber der Druck auf den Pedalen war doch eher bescheiden. Als ich in Schmerikon endlich das Gefühl hatte, es sei etwas mehr Sauerstoff transportierendes Blut in meinen Oberschenkeln angekommen, warf mich der Witches Hill hochgradig ab. Hochkriechen anstatt hochfahren!! Es fühlte sich an, wie wenn ich in beiden Oberschenkel einen Platten hätte.

Nun war mentale Stärke gefragt. Bald schon wurde ich in meiner AK nach hinten durchgereicht. Ich sagte mir: Pack aus, was du auspacken kannst, Schwamm drüber, mach dein eigenes Ding. Kampf und Krampf statt Fliegen und Geniessen. Und ich spürte, dass ich kontinuierlich Zeit verlor. Das Resultat war die mit Abstand langsamste Velozeit ever in Rappi. Aber die Krämpfe waren trotzdem da - gut so, denn jetzt galt es, meine Laufzeit von St. Pölten zu bestätigen.

Ich nahm mir etwa einen Kilometer Zeit, meinen Laufrhythmus zu finden. Dummerweise machte mein Magen nicht wirklich mit und ich konnte bis ca. Kilometer 15 nicht verpflegen. Aber ich lief voll am Limit, trank viel und sammelte einen nach dem anderen meiner M55-Kollegen wieder ein. Eine völlig neue Erfahrung für mich. An dieser Stelle eine grossen SORRY an alle, die mich lautstark angefeuert haben. Ich habe euch wahrgenommen, aber ich konnte es nicht zeigen, denn mein Fokus war total aufs Laufen und Kämpfen ausgerichtet.

Als ich endlich wieder einen Gel zu mir nehme konnte, wuchsen mir noch einmal Flügel. Ich lief prompt die zweite Runde schneller, als die erste! Und mit 1:37:03 gelang mir eine Zeit, die ich höher einschätze, als diejenige in St. Pölten. Rappi ist etwas länger und mit der Altstadtpassage mit Stairway to Heaven und dem Kopfsteinpflaster wesentlich schwieriger zu laufen.

Mein Fazit: Test vollauf gelungen! Nach platten Oberschenkeln auf dem Velo konnte ich diese beheben und laufen, wie ich es noch vor nicht allzulanger Zeit nicht für möglich gehalten hätte. Mein 7. Platz in der M55 zeigt, wie stark das Rennen besetzt war. Gratulation an die Herren vor mir, allen voran Alfi Caprez, der in 4:35 Std. das Feld wieder einmal zerstört hat!!

Nun liegt der Fokus voll und ganz auf dem IM Switzerland - und dem Marathon. Und wenn ich ganz ehrlich bin: Ich träume schon von einer signifikanten Verbesserung meiner Laufzeit. Nun, wie sagt Georges Bürgi immer so schön: we will see!

Nicht auf der Flucht aus dem Restaurant -
auf der Flucht nach vorne!


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