Dienstag, 25. März 2014

Ironman Melbourne: Über Umwege, Bescheissen und einen Dolch im Fuss!

Es ist 7.00 Uhr am Sonntag Morgen und ich ziehe meinen Neo an. Noch genau 38 Minuten bis zum Start des IM Melbourne. Seit 3.15 Uhr bin ich auf und alles läuft wie am Schnürchen. Coach Kristian hilft mir beim Anziehen bis die Gummihaut perfekt sitzt.

Und just in dem Moment, als der Riessverschluss oben ist, stellt sich das lang ersehnte Wettkampfgefühl ein. Endlich bin ich Angekommen und von einer Sekunde zur Anderen macht sich Freude auf den Wettkampf breit. Besser spät als gar nie! Der Körper war schon länger wieder bereit, der Kopf nun auch!

Ich verabschiede mich von meinen Freunden und begebe mich zum Start. Ab ins Wasser zum Einschwimmen. Und das fühlt sich grossartig an. Perfekte 20 Grad, kaum Wellen und Arme, die bereit sind hart und schnell los zu schwimmen.

An der Startlinie geht es ruhig und ohne Hektik zu. Kein Gedränge, kein Ellenbögeln. Und dann, um 7.38 Uhr schickt das Horn gut 2000 Wettkämpfer auf die Reise. Eine Reise, die für mich einige Hindernisse bereit halten sollte.

Wie üblich in Australien wurde von Beginn an ein horrendes Tempo angeschlagen. Ich konnte mitgehen und stellte erfreut fest, dass sich mein Gefühl vom Einschwimmen bestätigte. Ich fühlte mich ausgezeichnet und gab Gas.

Wie im Fluge vergehen die ersten 3 km. Dann, auf der letzten langen Bahn zurück zum Ausstieg passiert mir ein wirklicher Anfängerfehler. Bei der zweitletzten orangen Boje hebe ich den Kopf zur Orientierung und nehme Kurs auf die letzte. Ich schwimme nun volle Kanne, denn ich fühlt, dass ich mächtig schnell unterwegs bin. Komisch ist nur, dass niemand mehr bei mir ist. Und dann, kurz vor der Boje bemerke ich mein Malheur: Ich bin quer zur gegenüberliegenden Bahn geschwommen! Der Umweg kostet mich gut 3 Minuten! Und anstatt einer 54er Zeit ist es eine 57er ... immerhin noch und trotztdem mega ärgerlich!

Aber passiert ist passiert und so konzentriere ich mich gleich wieder auf den Wechsel. Und schon die ersten Pedalumdrehungen zeigen mir, dass auch die Beine gut sind. Mit Rückenwind und weiter gestärkter Moral geht es ab auf die Autobahn.

Es läuft prächtig und mein Ziel, unter 5 Stunden zu bleiben scheint möglich. Aber trotzdem fehlt der letzte Gang. Es ist eine Spur zu leicht. Ich bin flott unterwegs und dennoch nicht hart genug. Weil die Strecke zwei Runden hin und zurück führt und die 2. Hälfte logischerweise im Gegenwind ist, plane ich, diesen Teil dann sehr hart anzugehen.

Ungefähr 40 km fahre ich mehr oder weniger alleine. Mal überhole ich einen Fahrer, mal werde ich überholt. Es gibt keine Gruppen und so ist es easy fair zu fahren. Doch das sollte sich schnell ändern!

Was sich auf den folgenden 100 km abspielt ist eine Schande für unseren Sport. Rad an Rad, zu dritt nebeneinander, Gruppen von 50 Fahrern und Marshalls, die über Kilometer nebenher fahren und nur dem einen oder anderen die Karte zeigen. Beschiss hoch drei!

Im heftigen Gegenwind lasse ich mich ans Ende jeder Gruppe fallen und ging auf 12 Meter. Bloss, um wieder von einzelnen Athleten überholt zu werden, die regelwidrig vor mir einbiegen anstatt die ganze Gruppe zu passieren. So muss ich mich wieder zurückfallen lassen, um nicht selbst einen Penalty zu riskieren. Und so kommt es, dass ich nach einigen Kilometern jeweils den Anschluss verliere. An einem Tag wie beim IM Busselton hätte ich mitgehen können und die 12 Meter eingehalten - dieses Mal war ich ganz einach nicht mehr so stark - oder vielleicht auch nur nicht bereit für den Schmerz. Ich kann nicht mehr so gut leiden wie es notwendig wäre.

Aber ich bin stolz darauf, der Versuchung nicht erlegen und einen absolut fairen Bikesplitt gefahren zu sein. Anstatt unter 5 Stunden zu bleiben steht eine 5.11 .... Gar nicht so schlecht und immer noch bestens auf Kurs für einen weiteren 9.xx Ironman. Schliesslich sind erst rund 6.15 Stunden vergangen und mit einem beherzten Marthon ist noch alles möglich - auch ein Podestrang!

Ich biege also ein zur bike-off linie und will losrennen ins Wechselzelt. Beim ersten Schritt muss ich schon schreien ... in meinen rechten Fuss hat sich eben ein Dolch gebohrt. Zumindest fühlt es sich so an. Senkrecht durch das Sprunggelenk.

Ich humpel ins Zelt und wechsle in die Laufschuhe, versuche meinen Fuss mit kreisenden Bewegungen zu lockern. Als ich los laufe, stecke der Dolch immer noch drin. Also humple ich wie ein angeschossener Büffel los und stosse laufend kleine Schmerzschreie aus. Bei jedem Schritt hoffe ich, dass sich das Problem von alleine löst. Aber als ich nach 50 Minuten erst bei der Aidstation an km 6 bin und es noch schlimmer wird, bleibe ich stehen und bitte, man möge mir den Besenwagen vorbei schicken.

So warte ich dort und fragte mich laufend, ob ich wirklich alles Mögliche unternommen hatte, um nicht doch weiter laufen zu können. Ich dehne, drehe, massiere und nach etwa 10 Minuten habe ich das Gefühl, es sei besser. Tatsächlich ... ich kann wieder rennen. Also weiter in Richtung St. Kilda, wo sich das Ziel befindet.

Nun renne ich auf einmal wie die Feuerwehr, kein Schmerz mehr. Und ich überhole und überhole. Bis km 15, als innert 200 m der Ofen endgültig aus geht. Der Dolch steckt wieder drin und dieses Mal hilft alles Mobilisieren und Massieren nichts mehr. Im Gegenteil, ich kann nun nicht einmal mehr humpeln, ohne vor Schmerzen zu schreien.

So muss ich bei km 16 endgültig das Handtuch werfen. Traurig, aber die Gesundheit geht vor!

Seit dem IM Hawaii 2009 war das meine erste Aufgabe in einem Ironman. Und wenn ich mir mein geschwollenes Fussgelenk anschaue, dann war der Entscheid auch mit zwei Tagen Abstand absolut richtig.

Nun, diese Verletzung hat sich in keiner Weise angedeutet. Es gab kein Zwicken oder Surren, das ich einfach ignoriert hätte. Sie kam aus heiterem Himmel. Zuviel trainiert? Wer weiss das schon. Wenn der Körper Schaden nimmt, dann hat man ihm immer zu viel zugemutet. Und darum brauche ich jetzt umso mehr eine erholsame Off-Season. Wine and dine anstatt swim, bike , run!

Wer mit dem IM Melbourne liebäugelt (immerhin gibt es hier 100 Hawaii-Slots!!) sollte folgendes wissen:
  1. Es gibt viele ganz starke Aussies, die den ganzen australischen Sommer über viel trainieren konnten, während dem es in Europa Winter war.
  2. Die Schwimmstrecke in Frankston ist sehr wetteranfällig. Wir hatten dieses Jahr Glück und es war sehr flach. Letztes Jahr musste das Schwimmen auf 1500 m verkürzt werden, weil es 1.5 m hohe Wellen hatte.
  3. Die flache, aber windanfällige Radstrecke wird immer zu grösseren Radgruppen führen. Und dann wird gedrafted was das Zeuge hält. Hier stecken ganz viele ihre Nase in den Arsch des Vordermannes. Eine Schande!
  4. Die Laufstrecke führt von Frankston nach St. Kilda, also von A nach B. Und sie ist wellig. Südwind bedeutet Rückenwind, aber es kann auch Gegenwind herrschen! Dann wird's brutal hart. Auch, weil rund 20 km auf Strassenabschnitten gelaufen wird, die sich seitlich neigen und somit der Bewegungsapparat sehr einsitig belastet wird.
  5. Die Logistik ist aufwändig, eben weil der Ironman eigentlich in zwei rund 40 km auseinander liegenden Ortschaften stattfindet.
Würde ich hier wiederum starten? Eher nicht, denn solange gegen das Bescheissen auf dem Rad nicht wirklich etwas unternommen wird, ist ein faires Rennen nicht gewährleistet.

Jetzt bleibt mir noch eine Woche hier an der Sunshine Coast, bevor es am 2. April wieder zurück in die Schweiz geht. Ich freue mich auf zu hause! Aber bitte kein Comeback des Winter, ich möchte weiterhin kurze Hosen tragen!

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hei Gilbert, erhol Dich gut und geniesse die Sunshine Coast! C ya mate ;-) Mike

mark hat gesagt…

Weisst du schon was mit deinem Fuss ist? - Gute Besserung.