Sonntag, 14. Oktober 2012

Don't worry - be happy!


Es ist vollbracht. Um 18:00:26 Ortszeit Kona durfte ich Mike Reillys Worte "Gilbert, you are an Ironman" hören!

Wie üblich läutete um 3:00 Uhr der Wecker. Ich hatte recht gut geschlafen und war sofort hellwach. Aber oh weh, meine Gelassenheit der letzten Tage machte schnell einer ordentlichen Portion Nervosität Platz. Ich hatte einen richtigen Kloss im Bauch. Viele Gedanken schossen mir durch den Kopf. Vor allem aber einer machte mir zu schaffen: Würde es aufgehen?

Nach einem kleinen Frühstück gings auch schon zum Ali'i Drive, wo wir mit dem Hannes Shuttle Service zum Pier gebracht wurden. Als Erstes stand das Body Marking auf dem Programm. Unglaublich, wie viel Energie schon in der Luft lag. Dann ab zum Bike, alles vorbereiten, mit Freunden plaudern und sich Glück wünschen. Und schon schoss die Kanone die Profi-Männer ins Rennen - fünf Minuten später die Frauen.

Für mich bedeutete das: ab ins Wasser und zur Startline schwimmen, notabene 25 Minuten vor dem Start. Schon bald herrschte eine wildes Getümmel im Wasser und so war ich froh, dass es nach einer gefühlten Ewigkeit auch für uns Age Grouper endlich losging.

Ich startete recht weit links und das zahlte sich aus. Ohne grössere Keilerei kam ich gut weg und fand sofort meine Rhythmus. Bis zum Wendepunkte kam es mir vor wie eine halbe Ewigkeit, der Rückweg dafür umso kürzer. Es war sehr rau, viele Wellen und starke Strömungen. Aber ich fühlte mich ausgezeichnet und fand auch bald "gute Füsse", hinter denen ich mich quasi installierte und so Kraft sparen konnte.

Aus dem Wasser ins Wechselzelt und dann durch die ganze Wechselzone zum Velo rennen. Mein erster Eindruck: die Beine waren vielversprechen. Als ich mich aufs Velo schwang sagte ich mir: von jetzt an musst du dein Ding machen, nichts anderes als dein Ding. Ganz nach dem Motto: Don't worry - be happy! Ich wollte nur mein Tempo fahren und keinen Meter das Tempo der anderen.

Auf den ersten 30 Kilometer bildeten sich grosse Gruppen, in denen gelutscht wurde, was das Zeugs hielt. Ich setzte mich immer an den Schluss und liess sie fahren, wenn es zu schnell wurde. Nach rund 60 km, vor dem Aufstieg nach Hawi hatte sich die Situation entschärft und es würde recht fair gefahren.

Mann, es war windig. Die letzten vier Kilometer vor dem Wendepunkt bliess und ein Orkan entgegen und es war saumässig hart. Auch auf dem Rückweg steiffer Gegenwind. Aber ich hatte gute Beine und bis km 150 fühlte ich mich prima. Dann musste ich dennoch etwas Federn lassen und etwas herausnehmen. Schliesslich stand ja noch ein Longjog auf dem Programm.

In T2 liess ich mir Zeit und wechselte ganz entspannt. Meine hintere Beinmuskulatur hatte doch etwas mehr gelitten, als ich dachte. Dann lief ich so entspannt wie möglich los und versuchte in einen Wohlfühl-Rhythmus zu kommen. Schliesslich ging es jetzt nur noch darum, das Ding nach Hause zu schaukeln. Glücklicherweise war es auf dem Ali'i Drive nicht so heiss und es wehte ein angenehmes Lüftchen.

Als ich nach rund 17 km unten an der Palani war, blickte ich hoch und sagte zu mir: Du weisst nicht, ob du je es je wieder nach Kona schaffst - also renn die Palani hoch, marschieren verboten. Gesagt getan und schon gings auf dem Queen K Highway in Richtung Energy Lab.

Bis Halbmarathon lief ich die Aid Station durch, danach entschied ich mich, jeweils zu gehen, um möglichst viel Flüssigkeit aufnehmen zu können. Dass ich gut hydriert war zeigte sich daran, dass ich zweimal aufs Toi-Toi musste. Dann fing der Magen an zu rumoren und ein dritter Stopp wurde notwendig. Glücklicherweise konnte ich damit auch gleichzeitig die Bauchschmerzen "entsorgen".

Auch im Energy Lab war es nicht so drückend heiss, wie ich es erwartet hatte. Wieder auf dem Highway warens dann noch 10 km - allerdings endlose. Ich realisierte, dass ich die 11 Stunden brechen konnte und so überwand ich meine schon zur Tradition gewordene Krise zwischen km 23 und 32 und fand wieder zu einem besseren Rhythmus.

Als ich auf den Ali'i Drive einbog hätte ich die ganze Welt umarmen können. Dass es dann mit der sub-11 nicht ganz reichte war absolut unwichtig. Ich schrieb einen Wimpernschlag die Geschichte dieses Rennens mit, als ich über die Ziellinie lief. Und dann war ich einfach nur noch glücklich - und erschöpft.

Aber der Tag sollte noch einen weiteren fantastischen Höhepunkt bereithalten. Um 22 Uhr machte ich mich auf den Weg zur Finish Line- Party. Und was dort bis Mitternacht abging war allergrösstes Kino. Tausende von frenetisch jubelnden Menschen begrüsste die Finisher im Ziel. Gänsehautfeeling pur. Um nichts in der Welt hätte ich dieses Spektakel verpassen wollen.

Vielen Dank allen, die in Gedanken mit mir unterwegs waren. Auch dieser Energie ist es zu verdanken, dass ich es geschafft habe. Und darum gehört der Moment auch ein wenig euch!

1 Kommentar:

rené stutz hat gesagt…

Hallo lieber Gilbert, ganz herzliche Gratulation zu deinem tollen Finish!! Ich mag es dir von Herzen gönnen, dass du auch dieses Highlight erleben durftest. Wünsche dir eine rasche Erholung und grüsse dich ganz freundschaftlich aus dem Süden Frankreichs. Freue mich auf ein Wiedersehen, vielleicht ja beim nächsten Bierathlon ;)

Tridevil-René
www.masdelerivoire.com